Wie Daimler sich mit neuen Batterie-Technologien an die Spitze katapultieren will

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Die jüngste Beteiligung an Farasis ist nur eine von mehreren Initiativen, die Daimler im Rennen um die nächste Batteriegeneration an der Spitze halten soll. Es spricht einiges dafür, dass die Stuttgarter an etwas Großartigem dran sind. Hier ist der umfassende Überblick zu den jüngsten Initiativen - und warum die geprügelte Daimler-Aktie einen Schub bekommen könnte.

Ohne asiatische Zellen geht derzeit bei Daimler nichts

Der Ausbau der Kapazitäten für die Batteriemontage ist in vollem Gange. Kamenz wurde zum Leitwerk ausgebaut, die weiteren Standorte Bangkok und Peking wurden in den letzten Monaten hochgefahren und im polnischen Jawor sowie bei Stuttgart und Tuscaloosa geht es auch bald los. Kontinuierlich wird so in neue Fertigungslinien investiert, um das schnell wachsende Angebot an elektrifizierten Modellen flexibel bedienen zu können.

Bestückt werden die Energiespeicher mit Zellen von asiatischen Lieferanten. Die strategische Investition in Farasis, das gerade dabei ist, in Bitterfeld-Wolfen ein Werk für Batteriezellen aufzubauen, ist dabei nur ein Baustein. Selbst wenn Farasis zunächst fast ausschließlich für Mercedes produziert, werden weitere Bezugsquellen benötigt, um den Bedarf zu decken und sich in keine Abhängigkeiten zu begeben.

Klar ist aber, dass Daimler bei Farasis besonders viel Einfluss auf die Zellchemie nehmen kann, um so in Kombination mit den fortschrittlichen Prozessen in den eigenen Montagewerken kurzfristig ganz vorne mitzuspielen im Wettbewerbsvergleich. Allerdings arbeiten Konkurrenten wie Volkswagen und Tesla intensiv daran, in Kooperation mit internationalen Partnern neuartige Batteriekonzepte zur Marktreife zu führen. Dabei geht es darum, möglichst Energiedichte, Robustheit und Kosten auf einmal zu optimieren.

Um nicht abgehängt zu werden, hält Daimler mit einer Reihe von eigenen Initiativen dagegen.

Die Schwerpunkte von Daimlers Batterieforschung

Es sind primär zwei Stoßrichtung erkennbar:

1. Neue Bauformen

Erstens erhofft sich Daimler eine Menge von neuen Batteriebauformen. So soll zum Beispiel im Forschungsprojekt EVOLi²S herausgefunden werden, ob ein sogenanntes „Open Cell Module“, das hydraulisch einen konstanten Druck auf die eingesteckten Zellen ausübt, spürbare Vorteile bietet. Bei EMBATT-goes-FAB wiederum geht es darum, eine Serienfertigung von großformatigen Bipolarbatterien zu realisieren. Statt Akkuzellen zu wickeln, werden sie dabei wie Brennstoffzellen gestapelt, was eine deutlich höhere Packungsdichte verspricht und damit mehr Kapazität auf gleichem Raum.

Gleichzeitig werden neuartige Beschichtungsprozesse erforscht, die für eine höhere Produktionsgeschwindigkeit sorgen sollen. Ein weiteres Projekt ermittelt die Auswirkungen von Siliziumkarbid-Halbleitern in der Leistungselektronik.

2. Lithium-Schwefel

Zweitens will Daimler durch den Einsatz von wegweisenden Forschungsmethoden Entwicklungssprünge bei der Zellchemie erzielen. Das zeigt sich beispielsweise an der Partnerschaft mit IBM. Die legendären Forschungszentren des Computerpioniers verfügen nicht nur über nobelpreiswürdige Mikroskopie, sondern auch über führendes Know-how rund um Quantencomputer. Beides ist sehr nützlich, um verstehen zu können, was auf molekularer oder atomarer Ebene in einer Batteriezelle vor sich geht.

Da dabei auch Quanteneffekte eine Rolle spielen, eignen sich Quantencomputer perfekt, um Simulationsexperimente durchzuführen. IBM selbst hat mit diesen Methoden eine aussichtsreiche Akkutechnologie entwickelt, die ohne Problemmetalle auskommt. Bei der Kooperation mit Daimler geht es um Lithium-Schwefel-Batterien der nächsten Generation.

Lithium-Schwefel-Chemie steht auch im Mittelpunkt eines weiteren spannenden Verbundprojekts namens FiMaLiS, wo IoLiTec aus Heilbronn in Kooperation mit Daimler maßgeschneiderte Elektrolyten auf Basis ionischer Flüssigkeiten erforscht. Praktischerweise hat IoLiTec seine US-Niederlassung in Tuscaloosa (Alabama), unweit der Mercedes-Fabrik.

Darüber hinaus arbeitet Daimler zusammen mit Hydro-Québec an Festkörper-Lithium-Metall-Batterien. Dass die Kanadier auch über viel Know-how rund um Lithium-Schwefel verfügen, ist vermutlich kein Zufall. Daneben ist Sila Nano ein weiterer Entwicklungspartner, der Graphit durch leistungsfähigere Siliziummaterialien ersetzen will. Ein im April veröffentlichtes Patent zeigt auf, dass die Amerikaner ebenfalls mit Lithium-Schwefel-Zellchemie arbeiten.

Daimler ist bereit zum Angriff

Für mich stellt sich die Lage wie folgt dar:

Kurzfristig soll das Maximum aus bewährten Lithiumzellen herausgeholt werden. Dabei geht es vor allem um die Automatisierungstechnik im eigenen internationalen Fertigungsnetzwerk, das aktuell hochgezogen wird. Gleichzeitig besteht offenbar die Hoffnung, zusammen mit dem bevorzugten Zellenlieferanten Farasis inkrementelle Verbesserungen zu erzielen, mit denen sich Mercedes von der Konkurrenz unterscheiden kann.

Mittelfristig strebt Daimler an, über neue Bauformen deutliche Vorteile zu erreichen, was Kosten, Robustheit und Energiedichte angeht. In einer ganzen Reihe von Verbundprojekten loten die Stuttgarter derzeit aus, welche Wege am erfolgversprechendsten sind.

Auf Sicht von vielleicht fünf Jahren würde ich dann damit rechnen, dass die umfassenden Forschungsanstrengungen rund um Lithium-Schwefel-Zellchemie erste Früchte tragen werden. In Brasilien im Mercedes-Benz-Werk in Minas Gerais siedelt sich gerade der Lithium-Schwefel-Spezialist OXIS Energy an. Auch das ist ein Zeichen, wie ernst es Daimler bei diesem Thema ist.

Wenn es letztlich gelingt, wegweisende Produktionsprozesse, neue Bauformen, Silizium-Anoden und Lithium-Schwefel zusammenzuführen, dann könnte es Daimler tatsächlich gelingen, sich an die Spitze zu katapultieren. Zwar darf man davon ausgehen, dass der eine oder andere Rivale ähnliche Fortschritte erzielt, aber insgesamt erscheint mir die Strategie gut nachvollziehbar und aussichtsreich.

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Ralf Anders besitzt keine der erwähnten Aktien. The Motley Fool besitzt und empfiehlt Aktien von Tesla.

Motley Fool Deutschland 2020

Foto: Daimler

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