Wie man für das Jahr 2019 über die Börse denken sollte

Bernd Schmid · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Für Anleger war das vergangene Jahr hart. Laut Chris Weston von Pepperstone haben 93 % aller Vermögensklassen im Jahr 2018 Geld verloren. Das schließt diejenigen ein, die wir beide höchstwahrscheinlich auch besitzen: deutsche Aktien und US-Aktien.

Was bringt uns das Jahr 2019?

Ich weiß nicht, was 2019 für uns bereithält. Es gibt, wie jedes Jahr, Grund zur Sorge. Dieses Jahr ist es die Kombination aus einem Handelskrieg, der das BIP-Wachstum abschwächt, fallenden Hauspreisen in einigen der wichtigsten Märkte, inklusive USA, Kanada und Australien, sowie eine unberechenbare Politik in vielen Industrieländern.

Eigentlich weiß niemand, was 2019 bringen wird. Trotzdem nehmen Experten wie jedes Jahr Prognosen vor. Was soll man auch erwarten, wenn man sie danach Fragt? Sollten sie sagen, sie hätten keine Ahnung? Dafür braucht man doch keinen Experten. Trotzdem könnte man auch einen Affen bitten, mit ein paar Würfen auf eine Dartscheibe die Kursveränderung des DAX vorherzusagen. Er wird nicht falscher liegen, als irgendjemand anders.

Mein Tipp ist: am besten gar nicht erst auf Prognosen hören. Andrei Shleifer, einer der Pioniere der Verhaltenspsychologie im Finanzbereich, hat vor gar nicht so langer Zeit eine Studie zu diesem Thema veröffentlicht. Er zitiert darin unter anderem Daten einer Gallup Umfrage, die die Erwartungen von Investoren an die Rendite des S&P 500 für die kommenden 12 Monate der Performance des S&P 500 in den vorhergehenden 12 Monaten gegenüberstellt.

Das Ergebnis? Die beiden Kurven sind praktisch dieselben. Das bedeutet, dass professionelle Investoren von der Börse eine Performance in den kommenden 12 Monaten erwarten, die praktisch identisch ist mit der Performance der Börse in den vergangenen 12 Monaten.

Ich persönlich versuche gar nicht erst, mich zu Vorhersagen verleiten zu lassen. Zum Beispiel weiß ich nicht, ob wir 2019 mit einem positiven oder einem negativen Ergebnis abschließen werden. Aber ich weiß, dass der Markt dazu neigt, durchschnittliche Gewinne im mittleren bis hohen einstelligen Prozentbereich pro Jahr (einschließlich Dividenden) zu liefern, so dass es sich lohnt, einige Verluste hinzunehmen, um sicherzustellen, dass wir für die Gewinne bereit stehen, wenn sie kommen.

Ich weiß, dass ich Kommissionsfehler (Kauf einiger der falschen Aktien) und Auslassungsfehler (Versäumnis, einige der richtigen Aktien zu kaufen) machen werde. Und dass ich manchmal aus den falschen Gründen richtig liegen werde, manchmal aus den richtigen Gründen falsch liegen werde, und manchmal - hoffentlich häufiger - aus den richtigen Gründen auch richtig liegen werde.

Ich weiß, dass sich Emotionen negativ auf unser Investitionsverhalten auswirken. Und ich weiß, dass man vorsichtig sein muss, wenn man versucht, Verlierer zu eliminieren. Wenn ein Investitionsprozess zum Beispiel zehn Unternehmen liefert, die jeweils 500 % gewinnen und weitere zehn, die alles verlieren, dann sollte man das akzeptieren und gar nicht erst versuchen, die Verlierer zu eliminieren. Denn der Versuch, die Verlierer frühzeitig loszuwerden, könnte einen auch die Gewinner kosten.

Es gibt einen Unterschied zwischen Klima und Wetter. Das Wetter ist das stündliche und tägliche Zeug, von dem wir jeden Tag in den Nachrichten hören. OK, auch vom Klima hören wir heutzutage fast täglich. Aber dabei handelt es sich um das längerfristige, größere Bild. Das ist eine nützliche Analogie für uns Investoren.

Wenn jemand versucht, Äpfel oder Erdbeeren anzubauen, muss man nicht jeden Morgen aufwachen und versuchen, die Temperatur und den Niederschlag des Tages richtig einzuschätzen. Man sollte jedoch wissen, ob sich die Anbauflächen in der richtigen Art von Klima befinden.

Beim Investieren ist es genauso. Wir können nicht wissen, was der Markt morgen oder im Monat Januar bringt oder sogar im Jahr 2019 als Ganzes. Es ist albern und nur eine Ablenkung, das zu versuchen.

Wie die Apfelbauern am Bodensee nur zu gut wissen, kann ein einziges schlechtes Wetter sogar eine ganze Jahresernte zerstören. Aber sie bewirtschaften ihre Plantagen trotzdem und wissen, dass die langfristigen Aussichten trotz des gelegentlich schwierigen Jahres gut sind.

So sollten Anleger über die Börse denken. Im Jahr 2019 und darüber hinaus.

Titelfoto: gopixa / Shutterstock.com

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