Wirecard: Hat Markus Braun alle angelogen? – Kerngeschäft auch mit kräftigen Verlusten behaftet?

onvista · Uhr

Immer wenn dem ehemaligen Vorstandschef die Argumente gegen die aufkommenden Anschuldigungen ausgegangen sind, hat Markus Braun auf das hervorragende operative Geschäft von Wirecard verwiesen und regelmäßig betont, dass die aufkommenden Vorwürfe es nicht belasten. Viele Anleger hat das beruhigt und die Annahme eines gesunden operativen Geschäfts ist bei heute für einige Investoren immer noch ein Strohhalm, an den sie sich klammern. Wie die „Financial Times“ („FT“) am Wochenende berichtet, soll das Kerngeschäft von Wirecard allerdings alles andere als floriert haben.

Die mutmaßlichen Luftbuchungen beim insolventen Zahlungsdienstleister Wirecard sollten laut einem Pressebericht wohl auch auflaufende Verluste im eigenen Kerngeschäft kaschieren. In Europa und Amerika hätten die direkt unter Wirecard-Kontrolle stehenden Gesellschaften seit Jahren rote Zahlen eingefahren, berichtete die „FT“ am Sonntag unter Berufung auf Anhänge zur Sonderbuchprüfung durch KPMG.

2018, als Wirecard in den Dax aufstieg und die Commerzbank im Leitindex ersetzt hat, hätten die Geschäfte unter direktem Einfluss Wirecards einen operativen Verlust von 74 Millionen Euro gemacht. Auch im Jahr davor habe Wirecard in den Bereichen Geld verloren, während die offiziellen Geschäftszahlen für den Gesamtkonzern stetig steigende Gewinne auswiesen. Das Unternehmen wollte die Informationen der Zeitung nicht kommentieren.

Wirecard hatte nach mehrfachen Verzögerungen des Geschäftsberichts für das vergangene Jahr Mitte Juni einräumen müssen, dass rund 1,9 Milliarden Euro auf Treuhandkonten auf den Philippinen mit großer Wahrscheinlichkeit nie existiert haben. Das Geld war offiziell für das sogenannte Drittpartnergeschäft in Asien vorgesehen, über das Wirecard nach eigener Darstellung Geschäfte in Ländern ohne eigene Lizenz abwickelte.

Inzwischen hat Wirecard Insolvenz angemeldet, Milliarden an Börsenwert wurden vernichtet. Öffentlich gemacht hat die Staatsanwaltschaft, dass gegen Ex-Chef Markus Braun, den ebenfalls gefeuerten Top-Manager Jan Marsalek und andere wegen Verdachts unrichtiger Angaben und Marktmanipulation ermittelt wird. Braun hat sich den Behörden gestellt und ist nach Zahlung einer millionenschweren Kaution auf freiem Fuß, Marsalek ist untergetaucht.

Ende April hatte der im vergangenen Herbst angestoßene Sonderbericht der Wirtschaftsprüfer von KPMG die seit längerem umlaufenden Zweifel an den Gepflogenheiten des Unternehmens aus dem Münchener Vorort Aschheim untermauert und wichtige Fragen offen gelassen. Der veröffentlichen Version des KPMG-Sonderberichts fehlen die von der „FT“ nun angeführten Anhänge. Ende Januar 2019 hatte die „FT“ mit internen Unterlagen zum Asiengeschäft einen herben Kurssturz der Aktie ausgelöst.

Von Markus Weingran / dpa-AFX

Foto: Homepage Wirecard

Neueste exklusive Artikel