Turbulenzen an den Öl-Märkten: Suezkanal weiterhin durch Containerschiff blockiert – Öl-Preise steigen, Öl-Aktien unter Druck – mit jeder Minute wird es teurer

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Die Blockade des Suezkanals durch ein verunglücktes Containerschiff konnte bisher nicht aufgehoben werden. Zehn Schlepper bemühten sich zunächst vergeblich, das etwa 400 Meter lange Schiff aus seiner Querlage in einer der wichtigsten Wasserstraßen der Welt zu befreien. Der Branchendienstleister GAC korrigierte am Nachmittag frühere Angaben, wonach die „Ever Given“ wieder zum Teil flottgemacht worden sei. Auf Fotos war zu sehen, wie Bagger Erde und Gestein von Rande des Kanals am Bug des Schiffs herausrissen. Einem Insider zufolge sollten die Arbeiten in der Nacht fortgesetzt werden, soweit das Wetter es erlaube.

Öl-Aktien unter Druck, Öl-Preis steigt

Die Blockierung des Kanals hat auch an Europas Börsen die Aktien der Öl- und Gasproduzenten in den Fokus gerückt. Der Stoxx 600 Sektor Oil & Gas verlor gut ein Prozent und war damit größter Verlierer auf dem Sektortableau. Schwergewichte wie Total, BP, Royal Dutch Shell und Eni verloren zwischen 0,6 und 2,9 Prozent.

Mit dem Suezkanal bleibt eine auch für den Ölhandel wichtige Wasserstraße vorerst blockiert und sorgt damit weiter für Unsicherheit und starke Kursbewegungen am Ölmarkt. Zuletzt fiel der Brent-Ölpreis in London um 1,4 Prozent.

Laut dem Analysten Stephen Innes vom Londoner Handelshaus Axi sind von dem blockierten Kanal zwölf Prozent des weltweiten Handels betroffen. Seit Mittwoch verzögere sich die Fahrt von 185 Schiffen mit geschätzten Gesamtkosten von 400 Millionen US-Dollar pro Stunde. „Die Situation belastet die Stimmung für die globale Konjunktur und verstärkt die Risikoaversion an den Märkten“.

Für die Schiffe heiße es nun, entweder weiter auf ein Freikommen des havarierten Container-Riesen „Ever Given“ zu warten oder aber Afrika zu umfahren, so Innes. Die damit verbundenen Einbußen an Zeit und Geld hätten das Zeug, die ohnehin schon nervösen Ölmärkte noch stärker unter Strom zu setzen.

Auf Schiffs-Besitzer kommen Vorderungen in Millionenhöhe zu

Der 224.000 Tonnen schwere und 59 Meter breite Frachter gehört zu den größten Containerschiffen der Welt. Der Hafenbehörde zufolge war er im Zuge eines Sandsturms bei starkem Wind manövrierunfähig geworden, vom Kurs abgekommen und in der Nähe der Hafenstadt Suez auf Grund gelaufen. Der Verband Deutscher Reeder warnte vor den Auswirkungen einer längeren Blockade. „Das ist wie die Vollsperrung einer großen deutschen Autobahn. Je länger das dauert, desto deutlicher werden die Auswirkungen zu sehen sein“, sagte ein Sprecher. Auch nach der Blockade des Suezkanals komme vermutlich auf die Häfen eine weitere Ballung zu. Dann kämen alle Frachter auf einmal zur Abfertigung.

Nach Angaben von Experten und aus Schifffahrtskreisen dürfte auf den japanischen Eigner Shoei Kisen und die Versicherer Forderungen in Millionenhöhe zukommen. „Alles fällt auf das Schiff zurück“, sagte David Smith, zuständig für die Seefahrt beim Versicherungsbroker McGill and Partners. Zwei Insidern zufolge ist die „Ever Given“ bei japanischen Firmen versichert. In Branchenkreisen war von 100 bis 140 Millionen Dollar an Versicherungssumme allein für Schäden am Rumpf und den Maschinen die Rede. Zudem dürften die Besitzer der gestauten Schiffe einen Ausgleich fordern. Ein Anwalt, der namentlich nicht genannt werden wollte, sagte: „Das ist möglicherweise das größte Desaster mit einem Containerschiff, bei dem es keinen Knall gab.“ Eine Stellungnahme von Shoei Kisen lag nicht vor.

Durch den Suezkanal fließen rund zwölf Prozent des globalen Frachtvolumens und etwa 30 Prozent des Containervolumens. Im vergangenen Jahr passierten der Kanalbehörde zufolge fast 19.000 Schiffe und damit durchschnittlich fast 52 Schiffe pro Tag die Wasserstraße. Die alternative Route um die Südspitze Afrikas dauert gut eine Woche länger. Für Ägypten ist der Kanal eine wichtige Quelle von harten Währungen: Die Summe betrug 2020 etwa 5,6 Milliarden Dollar.

onvista/dpa-AFX/reuters

Titelfoto: donvictorio / Shutterstock.com

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