Bitcoin: Wo bleibt die nächste große Welle an institutionellem Kapital? Sie könnte schon bald anrollen

onvista · Uhr

Bitcoin bleibt mit den Aktienmärkten korreliert und testet heute mit einem Minus von 1,5 Prozent das obere Ende des charttechnischen Bull Market Support Bands, bestehend aus dem einfachen 20-Wochen- und dem exponentiellen 21-Wochen-Trend, während der Dax gut 2 Prozent im Minus steht und sich für die US-Märkte ebenfalls ein schwacher Start abzeichnet.

Damit bleibt der 200-Tage-Trend, der als letzte Hürde für eine charttechnische Rückkehr in bullisches Territorium gilt, vorerst eine Hürde. Momentan verläuft der Trend bei etwa 48.000 Dollar, von dieser Marke ist der Kurs Ende des letzten Monats zunächst abgeprallt.

Während die negativen Faktoren wie die Zinswende und regulatorische Fragen größtenteils eingepreist sind, wird weiter auf den nächsten positiven Impuls gewartet, der den Märkten wieder Momentum nach oben verleiht. Das Interesse der Privatinvestoren ist nach der letzten Hype-Phase Ende 2020 bis in das Jahr 2021 hinein zuletzt deutlich abgeflacht.

Die institutionelle Welle baut sich langsam auf

Einer der größten Hoffnungsträger bleibt eine große Welle an Kapital, die aus institutionellen Kreisen erwartet wird, nachdem 2020 und 2021 einige große Unternehmen wie MicroStrategy und Tesla Engagements in Bitcoin eingegangen sind. Diese lässt jedoch weiterhin auf sich warten. Dass an dieser Front langfristig einiges in Bewegung ist, zeigt jedoch eine jüngste Aufstellung von Reuters, die zeigt, wie und in welcher Form die großen Fische des amerikanischen Finanzsektors ihre Hände langsam, aber sicher nach dem Sektor ausstrecken.

In Sachen Verwahrungsdienstleistungen hat laut einem Bericht von Reuters die Bank of New York Mellon im Februar 2021 angekündigt, Bitcoin für Vermögensverwaltungskunden zu halten, zu transferieren und auszugeben. Der Start wird noch in diesem Jahr erwartet. Dies soll in Zusammenarbeit mit dem Krypto-Infrastrukturunternehmen Fireblocks passieren. Die Bank U.S. Bancorp ist im Oktober mit Bitcoin-Verwahrungsdiensten gestartet. Das Bitcoin-Unternehmen NYDIG fungiert als Unterdepotbank für die Bank. Die Dienstleistungen richten sich an institutionelle Vermögensverwalter mit privaten Fonds. Desweiteren hat die State Street Corp im März bekannt gegeben, dass sie beabsichtigt, Kryptowährungsverwahrungsdienste in Partnerschaft mit der Krypto-Infrastrukturplattform Copper.co anzubieten. Auch die deutsche Bank hat bereits 2020 Pläne zur Entwicklung eines Dienstes zum Halten und Handeln von Kryptowährungen für institutionelle Anleger bekannt gegeben und fügte hinzu, dass sie bereits einen Proof of Concept abgeschlossen habe. Mittlerweile dürfte sich auch hier noch einiges getan haben. Auch die BNP Paribas hat im Jahr 2020 einen Proof of Concept mit dem Krypto-Wallet-Anbieter Curv abgeschlossen.

Was Dienstleistungen für komplette Vermögensverwaltung angeht, sind letztes Jahr bereits eine Reihe von Großbanken eingestiegen, darunter Morgan Stanley, JPMorgan Chase und Wells Fargo, die ihren institutionellen Kunden alle eine Reihe von Produkten anbietet, um an einer Auswahl von Kryptowährungen zu partizipieren. Auch die Citigroup und Goldman Sachs sollen laut Medienberichten entsprechende Angebote für Institutionelle Kunden bereits eingeführt haben.

Investments von institutionellen Investoren unterliegen vollkommen anderen Regeln und Anforderungen als die von Privatleuten, daher ist die enorme Vorlaufzeit, die der Sektor benötigt, um einen Einstieg möglich zu machen nicht verwunderlich. Das Interesse von dieser Seite ist jedoch definitiv da. Die derzeitigen Entwicklungen an den Märkten angesichts einer immer größer werdenden geopolitischen Unsicherheit und damit einhergehenden Gefahren für das globale Finanzsystem, sowie die außer Kontrolle geratene Inflation machen alternative Investmentmöglichkeiten als Absicherung gegen diese Risiken immer relevanter. Grob gerechnet beläuft sich die Marktkapitalisierung aller gehandelten Vermögenswerte an den globalen Finanzmärkten auf etwa 200 Billionen Dollar. Der komplette Krypto-Sektor macht mit einer Marktkapitalisierung von gut einer Billionen Dollar etwa 0,5 Prozent davon aus. Sollten in den nächsten Jahren auch nur 5 Prozent des Gesamtkapitals in den Krypto-Sektor umgeschichtet werden, würde das einer Verzehnfachung der Marktkapitalisierung des Sektors entsprechen.

Die Adaptionswelle unter Privatinvestoren geht im Hintergrund unaufhaltsam weiter

Zwar ist der Hype aus dem Privatsektor spätestens im Zuge der Einpreisung der Zinswende an den Finanzmärkten und der damit einhergehenden Korrektur abgeflacht, blickt man jedoch auf das übergeordnete Bild, geht die Adaption immer schneller voran.

Laut einer neuen Umfrage der US-Krypto-Börse Gemini hat fast die Hälfte aller in Krypto involvierten Investoren in den Vereinigten Staaten, Lateinamerika und im asiatisch-pazifischen Raum im Jahr 2021 zum ersten Mal digitale Vermögenswerte gekauft. Die Umfrage wurde unter 30.000 Menschen in 20 Ländern um die Jahreswende 2021/22 durchgeführt und zeigt das rasante Wachstum des Sektors in 2021.

Die Studie zeigt insbesondere, dass die Akzeptanz für Kryptowährungen in Ländern immer größer wird, die besonders unter Inflation leiden. Brasilien und Indonesien sind laut Gemini weltweit führend bei der Einführung von Krypto, wobei 41 Prozent der in diesen Ländern befragten Personen angeben, Krypto zu besitzen, verglichen mit 20 Prozent in den Vereinigten Staaten und 18 Prozent in Großbritannien.

Laut dem Bericht haben 79 Prozent der Personen, die letztes Jahr angaben, Krypto zu besitzen, angegeben, dass sie sich aufgrund ihres langfristigen Investitionspotenzials für den Kauf der digitalen Vermögenswerte entschieden hätten. Menschen, die derzeit kein Krypto besitzen und in Ländern leben, die eine Währungsabwertung gegenüber dem US-Dollar erlebt haben, gaben mehr als fünfmal so häufig an, dass sie den Kauf von Krypto als Absicherung gegen Inflation planen. Nur 16 Prozent der Befragten in den Vereinigten Staaten und 15 Prozent in Europa stimmten zu, dass Kryptowährungen gegen Inflation absichern, verglichen mit beispielsweise 64 Prozent in Indonesien und Indien. Die indische Rupie ist in den letzten fünf Jahren gegenüber dem Dollar um 17,5 Prozent gefallen, während die indonesische Rupiah zwischen 2011 und 2020 gegenüber dem Dollar um 50 Prozent abgewertet hat.

Nur 17 Prozent der Europäer gaben an, im Jahr 2021 digitale Vermögenswerte zu besitzen, und nur 7 Prozent derjenigen, die derzeit keine Kryptowährungen besitzen, gaben an, irgendwann digitale Vermögenswerte kaufen zu wollen.

Der Bericht untermauert in gewisser Weise die unterschiedlichen Investmentansätze, die man in den verschiedenen Wirtschaftsregionen der Welt in Bezug auf Kryptowährungen erkennen kann. Während Investments in den westlichen Industrieländern größtenteils auf spekulativen Gründen beruhen, sind Investments in Bitcoin in Ländern mit hoher Inflation und wirtschaftlichen Problemen stark von fundamentalen Gründen getrieben, um sich gegen die laufende Entwertung der eigenen Währung abzusichern. Angesichts der weiter aus dem Ruder laufenden Inflation in der Eurozone und in den USA dürften sich die Gründe für ein Investment in Bitcoin auch in den westlichen Ländern in den nächsten Monaten und Jahren mehr und mehr in Richtung der fundamentalen Eigenschaften von Bitcoin als alternativem Geldsystem und Inflationsschutz bewegen. Das sowohl in Bezug auf Unternehmen als auch auf Privatinvestoren.

Der Eintritt der großen Finanzplayer in den Sektor und die wachsende weltweite Adaption von Bitcoin untermauern einen Platz der Kryptowährung im eigenen Portfolio als Ergänzung zu Aktien und als langfristigen Schutz gegen die Risiken des derzeitigen Geldsystems.

Von Alexander Mayer

Titelfoto: tungtaechit / Shutterstock.com

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