Heiko Böhmer: Porsche-IPO & Co. - Lohnen sich Börsengänge für Privatinvestoren?

Heiko Böhmer · Uhr (aktualisiert: Uhr)
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Fallende Börsen sind kein Umfeld für Börsengänge. Doch das Porsche-IPO ist in diesen Tagen die große Ausnahme. Das Angebot war mehrfach überzeichnet. Grund genug einmal zu schauen, ob es sich grundsätzlich lohnt, direkt beim Start an der Börse bei neuen Unternehmen mit dabei zu sein

Börsengänge waren einmal eine Top-Einnahmequelle. Dazu nehme ich Sie mit in die heiße Zeit am Neuen Markt. Das war der deutsche Börsenboom in den Jahren 1998 bis 2000. Damals starteten mehr als 200 Unternehmen an der Börse – oft aus dem damals noch sehr jungen und aufstrebenden Internetsegment.

Der Weg zum Geldverdienen schien einfach: Irgendwie bei der Zeichnung der Aktie mit dabei sein und dann am besten direkt am Tag der Erstnotiz wieder verkaufen. Dann lockte der sogenannte Zeichnungsgewinn. Bis in den März 2000 klappte das auch immer wieder, wenn auch nicht bei mir. Ich kam zu spät zu dieser Party, denn meine Leidenschaft für die Börse entdeckte ich erst, als die Euphoriephase vorbei war und die Kurse schon wieder fielen. Bezogen auf die IPO-Aktivitäten bedeutete das: Die Zeit der schnellen und einfachen Zeichnungsgewinne war vorbei.

Meine Infineon-IPO Erfahrung als mahnendes Beispiel

Mein einschneidendes Erlebnis war hier der Infineon-Börsengang im März 2000. Wenig Tage zuvor hatte der DAX sein Allzeithoch von 8.136 Punkten erreicht. Dieses Hoch sollte bis immerhin Juli 2007 Bestand haben. Die Stimmung schlug so langsam um, dennoch war dieses Mega-IPO damals 33-fach überzeichnet. Ich gehörte zu den glücklichen Gewinnern der IPO-Verlosung und bekam meine Infineon-Aktien. Die wurden vorbörslich bei weit über 100 Euro gehandelt und kamen schließlich zum Preis von 70 Euro auf den Markt. In wenigen Tagen hatte sich dann der Kurs halbiert.

Als damals noch unerfahrener Investor traute ich dem Chiphersteller eine schnelle Erholung zu und hielt die Aktie bis Ende 2001. Dann verlor ich die Geduld und musste einen Verlust von mehr als 65 Prozent hinnehmen.

Nun soll mein Scheitern beim Infineon-IPO keine grundsätzliche Ablehnung von Börsengängen begründen. Dennoch lassen sich daran doch einige wichtige Kennzeichen erkennen, die bei Börsengängen immer wieder auftreten.

So ist vor allen Dingen in Boomphasen Vorsicht geboten. Dann streben auch Firmen an die Börse, die dort eigentlich nichts zu suchen haben. Die schlicht und einfach auf der Welle mitschwimmen und das schnelle Geld einstreichen wollen. Oft geht es den Altaktionären auch nur darum, Kasse zu machen und einen Teil ihrer Aktienbestände möglichst schnell zu verkaufen.

IPO-Markt 2022: Das Volumen ist massiv gesunken

Von daher sind wir jetzt in einer ganz anderen Situation. 2022 war bislang ein unglaublich schwaches IPO-Jahr. Das verdeutlicht die offizielle Statistik zum ersten Halbjahr, die regelmäßig von den Finanzexperten von PwC im „Global IPO Watch“ veröffentlicht wird. So haben die allgemeinen Faktoren wie die hohe Inflation, der Ukraine-Krieg und die allgemein schwachen Börsen auch den IPO-Markt massiv belastet. Dabei war das zweite Quartal 2022 schwächer als das erste Quartal und vor allem deutlich schwächer als die Vorjahresentwicklung. So lag das globale IPO-Volumen im zweiten Quartal nur bei knapp 37 Milliarden Dollar und damit um mehr als 70 Prozent niedriger als ein Jahr zuvor. Es fiel sogar schwächer aus als im zweiten Quartal 2020, als damals zu Beginn der Corona-Pandemie zahlreiche Lockdownmaßnahmen die Wirtschaft massiv einschränkten.

Der regionale Blick ist auch spannend, denn China war im ersten Halbjahr 2022 ganz klar die Nummer eins bei den Börsengängen mit einem Volumen von knapp 15 Milliarde Dollar im Vergleich zu den weniger als 5 Milliarden Dollar in den USA. Dort fiel der Rückgang zum Vorjahr besonders stark aus, denn da waren es noch 66,5 Milliarden Dollar gewesen – also jetzt ein Rückgang um über 90 Prozent.

Börsenneulinge können oft die Erwartungen nicht erfüllen

Oft ist es aber schlicht und einfach so, dass die Börsenneulinge die Erwartungen nicht erfüllen. Das zeigt ein Blick auf drei Milliarden-IPOs aus 2021 in Deutschland. Vantage Towers liegt seit dem Börsengang im März 2021 immerhin mit 3,5 Prozent im Plus. Bei Suse summiert sich jedoch der Verlust seit dem Börsengang im Mai 2021 bis jetzt schon auf 54 Prozent. Noch mehr unter die Räder gekommen ist Auto1 mit einem massiven Verlust von rund 86 Prozent seit dem Börsenstart im Februar 2021.

Bezogen auf den Porsche-Börsengang gibt es jedoch einen klaren Lichtblick: Mitbewerber Ferrari ist auch erst 2019 an der Börse gestartet. Der Hersteller der vornehmlich roten Sportwagen aus Maranello liegt seitdem immerhin um 38 Prozent vorn. Doch die Schnäppchenjäger konnten die Aktien im März 2020 mit einem klaren Abschlag von fast 30 Prozent zum Ausgabepreis kaufen – also ein weiteres Argument dafür, bei einem Börsengang erst einmal ruhig zu bleiben. Genau das fällt vielen Investoren immer wieder schwer – scheint aber bei Börsengängen die erfolgreichste Strategie zu sein.

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