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dpa-AFX · Uhr
    Gunst der Stunde, Kommentar zur Commerzbank von Anna Sleegers
Frankfurt (ots) - Wenn die Commerzbank oder andere börsennotierte Gesellschaften
sich den Aufwand machen, Ergebniskennziffern vor dem eigentlichen
Veröffentlichungstermin zu publizieren, ist dies zumeist der Ad-hoc-Pflicht
geschuldet. Kursrelevante Nachrichten gilt es, alsbald einer breiten
Öffentlichkeit bekannt zu machen, damit im Idealfall alle Anleger in die Lage
versetzt werden, die ihnen angemessen erscheinenden Konsequenzen daraus zu
ziehen.

Im Fall der zum Wochenauftakt veröffentlichten Commerzbank-Mitteilung liegt der
Fall anders. Aus dem darin enthaltenen Hinweis darauf, dass das Institut auch im
Jahr 2022 ein positives Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda)
erzielt hat, lässt sich keineswegs ableiten, dass die Commerzbank bei der
Bilanzvorlage am 16. Februar mit einer positiven Überraschung aufwarten wird.
Der eigentliche Adressat der Mitteilung ist aber auch nicht die
Börsenöffentlichkeit, sondern die Deutsche Börse. Sie entscheidet in gut zwei
Wochen, welcher Titel den Gasehersteller Linde im Dax ablösen wird.

Gemessen an der für die Entscheidung maßgeblichen Marktkapitalisierung wäre die
Commerzbank zumindest auf der Basis der zuletzt veröffentlichten Rangliste die
natürliche Kandidatin. Voraussetzung für die Aufnahme in den Dax 40 ist nach dem
Regelwerk der Deutschen Börse jedoch, dass das Unternehmen mindestens zwei Jahre
hintereinander ein positives Ebitda ausgewiesen hat. Dumm nur, dass Banken,
deren Zinseinnahmen Kerngeschäft sind, in der Regel gar kein Ebitda ausweisen.
Aus diesem Grund hat sich die Commerzbank die Mühe gemacht, diese für sie sowohl
in der internen Steuerung als auch mit Blick auf die Bewertung von außen
weitgehend unerhebliche Kennziffer auszurechnen und zu publizieren.

Es spricht für sich, dass bei der jüngsten Neuregelung der Aufnahmekriterien für
den Dax keine Kennziffer Eingang in das Regelwerk der Deutschen Börse fand, die
für Banken relevant ist. Aufgrund der Drei-Säulen-Struktur bringt die
Kreditwirtschaft mit Blick auf die Börse einfach nicht genügend Gewicht auf die
Waage. Das mag man bedauern. Zu begrüßen ist jedoch, dass die Commerzbank sich
sichtlich bemüht, die Gunst der Stunde zu nutzen. Wer weiß, ob bei der nächsten
Indexüberprüfung wieder ein Platz im Auswahlindex vakant ist.

Der Wiederaufstieg wäre ein Gewinn für die Commerzbank, die damit für eine
breitere Investorengruppe interessant würde. Für die Deutsche Börse wäre es
ebenfalls wünschenswert, wenn der Dax neben der global ausgerichteten Deutschen
Bank wieder ein weiteres Finanzinstitut enthalten würde. Immerhin ist es ihr
Anspruch, dass der um zehn Mitglieder erweiterte Auswahlindex die deutsche
Wirtschaft abbildet. Nimmt man dies ernst, darf die Commerzbank mit ihrem
Schwerpunkt auf der Finanzierung des deutschen Mittelstands eigentlich nicht
fehlen.

In Stein gemeißelt ist es indes nicht, dass das tatsächlich klappt. Die Anfang
Januar veröffentlichte Rangliste basiert auf Dezember-Daten. Angesichts des
nicht endenden Krieges in der Ukraine haben Rüstungsaktien Konjunktur an der
Börse. Gut möglich also, dass Rheinmetall bis zum Stichtag Ende des Monats doch
noch an der Commerzbank vorbeizieht.

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