TikTok droht wegen "französischer Narbe" Ärger in Italien

Reuters · Uhr

Washington (Reuters) - Mitten in der Diskussion um ein Komplett-Verbot von TikTok in den USA droht der Kurzvideo-Plattform Ärger in Italien.

Die dortigen Kartellbehörden nahmen Angaben vom Dienstag zufolge Ermittlungen auf, weil die vor allem bei Jugendlichen beliebte App der Verbreitung "gefährlicher Inhalte" Vorschub geleistet habe. Den Behörden geht es unter anderem um die derzeit populäre sogenannte "Französische Narbe"-Challenge. Dabei filmen sich Nutzer bei dem Versuch, sich unter dem Auge einen länglichen Bluterguss zuzufügen, indem sie die Haut fest zwischen zwei Fingern einklemmen. Die Ermittler werfen TikTok mangelnde Aufsicht über von Dritten erstellte Inhalte vor. Da die entsprechenden Videos nicht entfernt würden, verletze das Unternehmen zudem seine eigenen Richtlinien.

Als weiteren Kritikpunkt führen die italienischen Behörden die Algorithmen an, die Nutzern Beiträge vorschlagen. Die dahinter stehende Künstliche Intelligenz (KI) sei fähig, Nutzer "unzulässig zu konditionieren."

Das Unternehmen wies die Vorwürfe zurück. Es erlaube keine Inhalte, die "gefährliche Aktivitäten oder Challenges, Selbstmord, Selbstverletzung oder ungesundes Essverhalten zeigen oder fördern", teilte TikTok mit. "Mehr als 40.000 engagierte Sicherheitsexperten sorgen für die Sicherheit in unserer Gemeinschaft, und wir achten besonders auf den Schutz von Jugendlichen."

TIKTOK WILL NUTZER FÜR POLITISCHE KAMPAGNE EINSPANNEN

Gleichzeitig versucht TikTok, mit Hilfe seiner Heerscharen an Nutzern ein Komplett-Verbot in den USA abzuwenden. "Einige Politiker diskutieren ein Verbot von TikTok", sagte Firmenchef Shou Zi Chew in einem auf seiner Videoplattform veröffentlichten Beitrag, bei dem das US-Kapitol im Hintergrund zu sehen war. "Damit könnte TikTok allen 150 Millionen von Euch weggenommen werden." Er rief die Nutzer dazu auf, in der Kommentarspalte den US-Parlamentariern zu erläutern "was Ihr an TikTok liebt." Denn sein Unternehmen stehe an einem Scheideweg.

Daher gab TikTok neue Geschäftsbedingungen bekannt und bot weitere Details zur geplanten Verbesserung des Schutzes für US-Nutzerdaten an. Die Ausgaben für Datenschutz-Bemühungen bezifferte die Firma auf mehr als 1,5 Milliarden Dollar. Die vor allem für seine kurzen Tanzvideos bekannte App hat nach eigenen Angaben die Zahl ihrer US-Nutzer zwischen 2020 und 2023 von 100 auf 150 Millionen gesteigert. Bei gut 330 Millionen US-Bürgern entspricht das etwa 45 Prozent der Bevölkerung. Darüber hinaus nutzten fünf Millionen Firmen des Landes die Plattform für den Kontakt mit Kunden.

TikTok und die chinesische Mutter ByteDance stehen wegen einer möglichen Weitergabe von Nutzerdaten an die Regierung in Peking unter verschärfter Beobachtung der Sicherheitsbehörden in zahlreichen Staaten. Die Unternehmen und die Volksrepublik haben diesen Vorwurf stets zurückgewiesen. Am Donnerstag soll Chew einem US-Kongressausschuss zu diesen und anderen Themen Rede und Antwort stehen. Eine wachsende Anzahl von US-Parlamentariern unterstützt eine Initiative zum kompletten Verbot von TikTok. Von Diensthandys der US-Bundesregierung und des Repräsentantenhauses wurde die App bereits verbannt. Die USA fordern außerdem eine Abspaltung von TikTok von ByteDance.

(Bericht von David Shepardson, geschrieben von Hakan Ersen, redigiert von Ralf Banser. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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