Streit um Rügener LNG-Terminal beschäftigt Bundestagsausschuss

dpa-AFX · Uhr

BERLIN/BINZ (dpa-AFX) - Der Streit um ein am Standort Rügen geplantes Terminal für Flüssigerdgas (LNG) erreicht erneut den Bundestag. Am Montag befasst sich der Petitionsausschuss mit einer Petition gegen die Aufnahme Rügens in das LNG-Beschleunigungsgesetz (LNGG). Die Aufnahme würde ein dort geplantes Terminal als priorisiertes Vorhaben einstufen und den Weg für ein schnelleres Genehmigungsverfahren ebnen. Das wollen die Initiatoren der Petition verhindern. Weil sie dafür mehr als 61 000 Unterschriften gesammelt haben, hört sie der Ausschuss öffentlich an. 50 000 Unterstützer sind dafür notwendig.

Der Ausschuss kann verschiedene Beschlüsse fassen und die Petition etwa an die Bundesregierung überweisen. Auch den Fraktionen im Bundestag kann sie zur Kenntnis gegeben werden. "Die Anhörung im Deutschen Bundestag hat eine große Signalwirkung, falls das Parlament sich mit der Aufnahme von Rügen in das LNG-Beschleunigungsgesetz befassen sollte", sagte vorab Kai Gardeja, Mitpetent und Tourismusdirektor des Ostseebads Binz. Der Binzer Bürgermeister Karsten Schneider kündigte an: "Sollte die Politik beim LNG-Beschleunigungsgesetz weiter Fakten schaffen und den Standort Rügen beschließen, werden wir gerichtlich per einstweiliger Anordnung dagegen vorgehen."

Ende März hatte sich der Haushaltsausschuss des Bundestages skeptisch hinsichtlich der Rügener LNG-Pläne gezeigt. Er hatte zwar Mittel für Planungen freigegeben, weitere Mittel für den Bau hingegen nicht. Stattdessen hatten die Parlamentarier weitere Prüfungen eingefordert.

Die LNG-Pläne sorgen seit Monaten für Kritik. Gegner fürchten um die Umwelt und den für Rügen besonders wichtigen Tourismus. Sie sprechen zudem von nicht benötigten Überkapazitäten und negativen Folgen für das Klima durch den weiteren Aufbau von Infrastruktur für fossile Energieträger. Deutschland treibt den Ausbau von Infrastruktur zum Import von verflüssigtem Gas per Schiff seit vergangenem Jahr energisch voran, und will damit ausbleibende russische Energielieferungen aus Pipelines ausgleichen.

Erst kürzlich sagte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) dem "Weser-Kurier" (Freitagsausgabe), "wir müssen uns gegen Risiken absichern". Man habe zwar viel des weggefallenen Gases durch Lieferungen europäischer Partner ersetzen können. Aus Solidarität müsse man aber auch zu Lieferungen an europäische Länder fähig sein. "Und zweitens können wir doch nicht einfach davon ausgehen, dass immer alles glatt läuft und der nächste Winter möglichst mild wird."

Gegen ein Rügener Terminal wollen am Sonntag wieder Menschen in Binz demonstrieren. Für Montag ist eine Demonstration vor dem Bundeskanzleramt in Berlin geplant.

Unterdessen ist weiter unklar wie und wo genau es mit den LNG-Plänen an oder vor Rügens Küste weitergeht. Von einem Standort etwa fünf Kilometer vor Sellin war der Bund nach heftigem Widerstand abgerückt. In der Diskussion war zuletzt vor allem der Hafen von Mukran. Aber auch der Plan für eine Anlage weiter draußen auf der Ostsee macht weiter die Runde.

Auch wer das Projekt umsetzen soll, ist unklar. Ursprünglich war der Energiekonzern RWE als Dienstleister für den Bund angetreten, hat mittlerweile aber angekündigt, sich zurückzuziehen. Bei einem Treffen zu dem Thema in Binz unter anderem mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Habeck vor mehr als zwei Wochen war RWE nicht vertreten, wohl aber das Unternehmen Deutsche Regas, das das bestehende Terminal in Lubmin betreibt. Schon länger liegen Pläne der Firma vor, die Importkapazität im Rahmen eines weiteren Ausbaus zu erhöhen./chh/DP/mis

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