Heiko Böhmer: An der Börse gilt: Vorsicht Sommer

Heiko Böhmer · Uhr
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Nun sind fünf Monate vorbei in diesem Jahr. Die Bilanz an den Börsen fällt sehr positiv aus. Nach dem Blitzstart im Januar mit Zuwächsen von acht Prozent bei vielen Indizes haben gerade die Aktienmärkte das Niveau nicht nur gehalten sondern oft ausgebaut. Beispiel Dax: Der steht in diesem Jahr zum Monatsultimo Mai mit 12,5 Prozent im Plus. Also ist alles in Ordnung an der Börse für die verbliebenen sieben Monate in diesem Jahr?

Ganz ehrlich: Das sieht nicht so aus. Das gesamte Fundament ist doch brüchig. Das haben die vergangenen Tage an den Börsen gezeigt. Wir sollten uns in den kommenden Wochen auf weitere Rückgänge einstellen – denn es fehlt einfach die Euphorie für weiter steigende Kurse.

„Higher for longer“ als Belastung

Wir erleben derzeit ein Szenario des „Higher for longer“. Was meine ich damit? Es scheint sehr gut möglich, dass wir in den kommenden Monaten sowohl in einem Umfeld höherer Zinsen als auch in einem Umfeld mit einer höheren Inflation agieren müssen. In den USA ist wohl jetzt schon das Zinsplateau erreicht.

Dennoch deutet noch sehr wenig auf eine Zinswende hin. Jerome Powell als Chef der wichtigsten Notenbank der Welt könnte auch erst im kommenden Jahr die Zügel etwas lockern und die Zinsen senken.

In Europa scheint die Phase der Zinsanstiege hingegen noch gar nicht beendet zu sein. Eine solche Konstellation bringt viele Herausforderungen für Investoren mit sich. Genau das sehen wir derzeit, denn als Folge des „Higher for longer“ steht die Konjunktur unter Druck. Die Rezession ist in Deutschland schon angekommen. Zumindest technisch gesehen, mit Rückgängen bei der Wirtschaftsleistung im vierten Quartal 2022 und im ersten Quartal 2023.

Ob und wann die Rezession in den USA ankommen wird, ist noch unklar. Doch für die kommenden Quartale deuten zahlreiche Indikatoren auf eine eher schwächere Konjunktur und damit eine mögliche Rezession hin. Hierzu nur ein Beispiel: Die Zahl der Insolvenzen ist im ersten Quartal auf das höchste Niveau seit Juli 2020 angestiegen und hat sich, nach Angaben von S&P Global Market Intelligence, im Vergleich zum ersten Quartal 2021 mehr als verdoppelt.

Sommer eher mau an den Börsen

Und nun komme ich zum Sommer – einer traditionell eher schwachen Jahreszeit an den Börsen. Meteorlogisch hat der Sommer am 1. Juni begonnen. Auf den kalendarischen Sommeranfang am 21.Juni müssen wir noch knapp drei Wochen warten. Doch in den Monaten ab Juni befinden sich viele Indizes saisonal betrachtet eher in einer Seitwärtsphase. Genau das ist auch wieder in diesem Jahr möglich.

Vielleicht gilt auch im Jahr 2023 einmal mehr: „Sell in May and go away“ – selbst wenn man noch am letzten Tag im Mai verkauft hat, könnte das eine gute Entscheidung gewesen sein.

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