Axel Springer sieht großes Potenzial in Künstlicher Intelligenz

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- von Klaus Lauer

Berlin (Reuters) - Der Medienkonzern Axel Springer setzt auf Künstliche Intelligenz (KI) und erwartet sich hier deutlich mehr Chancen als Risiken.

"Wir sehen in Generativer KI großes Potenzial, unseren Lesern und Usern noch attraktivere und individueller auf sie zugeschnittene Produkte zur Verfügung stellen zu können", sagte Springers IT-Chef Samir Fadlallah am Donnerstag der Nachrichtenagentur Reuters am Rande des Medienkongresses der freien Presse (MVFP) in Berlin. Die Medienmarken des Verlags und die Rubrikenanzeigen (Classifieds) für Jobs, Immobilien und Autos würden Nutzern "damit ganz neue Möglichkeiten der Interaktion bieten". Unter generativer KI verstehen Fachleute Programme wie ChatGPT, die menschliche Interaktionen simulieren und anhand von Stichworten Texte oder Bilder erstellen können.

Künstliche Intelligenz könne zudem Newsrooms entlasten und neue Wege eröffnen, sagte Fadlallah, der bei Springer auf Konzernebene für Künstliche Intelligenz zuständig ist. "Journalisten können lästige Arbeiten an die KI auslagern und sich mit mehr Zeit und Energie ihren Kernaufgaben widmen: dem investigativen Journalismus, exklusiven Interviews, Reportagen und Einordnungen." Der Herausgeber von "Bild" und "Welt" hatte jüngst angekündigt, bei den Zeitungen bis 2025 rund 100 Millionen Euro zu sparen. Hier solle auch der Einsatz von mehr KI für Impulse sorgen. Die "Bild"-Spitze hatte am Montag in einer Mail an die Belegschaft angekündigt, der bis 2024 geplante Umbau des Boulevardblatts führe auch zum Jobabbau.

"Wir trennen uns von Produkten, Projekten und Prozessen, die wirtschaftlich nie wieder erfolgreich werden können", hieß es in der Mail, die Reuters vorlag.  Dies betreffe auch Personal, deren Aufgabe in der "digitalen Welt" etwa durch Künstliche Intelligenz ersetzt werde. Springer äußerte sich nicht zum Stellenabbau. Insider sprachen von einer niedrigen dreistelligen Zahl an Mitarbeitenden, die letztlich gehen dürften.

Fadlallah räumte ein, dass Künstliche Intelligenz auch für Risiken sorge. "Obwohl wir KI als Chance betrachten, sehen wir hier auch Herausforderungen, denen wir uns konstruktiv stellen wollen." Im Fokus stünden dabei etwa Themen wie "eine notwendige Regulierung", die Vergütung für die Nutzung von Inhalten als Trainingsmaterial für sogenannte KI-Sprachmodelle ("Large Language Models") sowie Datenschutz.

Der Vorstandsvorsitzende des Medienverbands der freien Presse (MVFP), Philipp Welte, sieht generative KI als leistungsstarkes Werkzeug in der Hand verantwortungsbewusster Redaktionen, "weil sie alle Prozesse des Arbeitens schneller und effizienter machen kann und dadurch Freiräume für journalistische Qualität schafft". Der Burda-Manager und Cheflobbyist der Zeitschriftenverlage betonte zudem: "Aber sie öffnet auch die Schleusen zu einer zunehmend unübersichtlichen Flut an manipulativen Inhalten auf allen medialen Kanälen." Vertrauen in verantwortlichen Journalismus werde deshalb eine immer wertvollere Währung im Mediengeschäft.

(Bericht von Klaus Lauer; redigiert von Ralf Banser - Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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