Doppelstreik in Hollywood - Nach Autoren nun auch Schauspieler

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Los Angeles (Reuters) - Zum ersten Mal seit 63 Jahren ist Hollywood mit einem gleichzeitigen Streik von Drehbuchautoren und Schauspielern konfrontiert.

Die Schauspieler-Gewerkschaft SAG-AFTRA erklärte am Donnerstag die Verhandlungen mit Studio-Vertretern für gescheitert und kündigte eine Arbeitsniederlegung an. "Wir sind hier die Opfer", sagte die Präsidentin von SAG-AFTRA, Fran Drescher, früher bekannt aus der TV-Serie "The Nanny". "Wir laufen Gefahr, durch Maschinen ersetzt zu werden." Der Branchenverband der Produzenten, AMPTP, der Konzerne wie Netflix und Walt Disney vertritt, erklärte in einer ersten Stellungnahme, man sei "tief enttäuscht".

Den Angaben zufolge sollte der Streik um Mitternacht (Ortszeit Kalifornien) beginnen. Der Sender BBC berichtete unter Berufung auf den Regisseur Christopher Nolan, die Stars Cillian Murphy und Emily Blunt hätten bereits die Premiere des Films "Oppenheimer" verlassen. Die Drehbuchautoren streiken seit elf Wochen. Zuletzt waren beiden Gruppen 1960 zeitgleich in den Streik getreten. Damals ging es um Tantiemen aus Filmen, die an Fernsehsender verkauft wurden.

GEWERKSCHAFT: COMPUTER-SCANS "FÜR DEN REST DER EWIGKEIT"

Experten erwarten erhebliche Auswirkungen auf die US-Film- und TV-Industrie. Die für Drehgenehmigungen im Raum Los Angeles zuständige Organisation FilmLA hat erklärt, die Arbeit an Serien wie "Stranger Things" und "The Handmaid's Tale" sei bereits durch den Autorenstreik zum Erliegen gekommen. Angesichts einer Produktionszeit von zwei bis zu drei Jahren ist dagegen zwar zunächst keine Unterbrechung bei Blockbuster-Filmen zu erwarten. Allerdings ist es etwa bei Marvels "Blade" bereits zu Verzögerungen gekommen. Selbst Produktionen im Ausland, wie etwa die Arbeit am zweiten Teil von "Gladiator" des Regisseurs Ridley Scott in Marokko und Malta, könnten wegen der Mitarbeit von Gewerkschaftsmitgliedern beeinträchtigt werden. Reality-Shows wie "The Bachelor" sind nicht betroffen.

SAG-AFTRA - mit vollem Namen Screen Actors Guild and the American Federation of Television and Radio Artists - ist die größte Hollywood-Gewerkschaft und vertritt 160.000 Film- und Fernsehschauspieler. In der Writers Guild of America (WGA) haben sich etwa 11.500 Autoren zusammengeschlossen. Beide Organisationen fordern höhere Grundgehälter und Tantiemen in der Ära des Streaming-TV. Sie wollen zudem Zusicherungen, dass ihre Arbeit nicht durch Künstliche Intelligenz (KI) ersetzt wird. Der Chefunterhändler von SAG-AFTRA, Duncan Crabtree-Ireland, sagte, die Studios hätten vorgeschlagen, die Schauspieler zu scannen, um ihr Bildnis "für den Rest der Ewigkeit" verwenden zu können.

DISNEY-CHEF: VORSTELLUNGEN SIND UNREALISTISCH

Die Alliance of Motion Picture and Television Producers (AMPTP) erklärte ihrerseits, sie habe "historische Gehalts- und Tantiemen-Erhöhungen" sowie "einen bahnbrechenden KI-Vorschlag zum Schutz der digitalen Abbilder von Schauspielern" angeboten. Disney-CEO Bob Iger sagte dem Sender CNBC, die Gewerkschaften hätten unrealistische Erwartungen. Der Streik komme zum denkbar schlechtesten Zeitpunkt für die Branche. Viele Streaming-Dienste haben bislang keinen Gewinn erzielt nach Milliarden-Ausgaben für Inhalte. Disney, Comcast, NBCUniversal und Paramount Global verloren im vergangenen Quartal jeweils Hunderte von Millionen Dollar im Streaming-Geschäft. Gleichzeitig ziehen Video-Apps das traditionelle TV-Publikum in ihren Bann und lasten damit auf den TV-Werbeeinnahmen.

(Bericht von Lisa Richwine und Dawn Chmielewski; Geschrieben von Scot W. Stevenson Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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