Städte und Kommunen - Nur Sachleistungen für Migranten nicht zielführend

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Berlin (Reuters) - Der Deutsche Städte- und Gemeindebund hält eine generelle Umstellung von Geld- auf Sachleistungen für Asylbewerber wie vor allem von FDP und CDU/CSU gefordert für nicht zielführend.

Es gebe schlicht "praktische Gründe, warum man differenzieren muss", sagte Miriam Marnich, Referatsleiterin beim DStGB für Asyl, Flüchtlinge und Migration, der Nachrichtenagentur Reuters am Mittwoch. Bei einer generellen Umstellung auf Sachleistungen fielen für die Verwaltung sehr viel höhere Kosten an, der Aufwand wäre groß. Auch müsste etwa der Handel bereit sein, Gutscheine für Lebensmittel anzunehmen.

FDP-Fraktionschef Christian Dürr forderte dessen ungeachtet die Ministerpräsidenten und Ministerpräsidentinnen der 16 Bundesländer ultimativ auf, bestehende Geldleistungen für Migranten auf Sachleistungen umzustellen. "Mein Ultimatum lautet: Am 6.11. ist Stichtag. Bis dahin müssen alle 16 MPs sagen, wir wollen keine Bargeldzahlungen mehr, denn die sind ein Pullfaktor", sagte Dürr in der TV-Sendung "RTL/ntv-Frühstart". Am 6. November ist die nächste Ministerpräsidentenkonferenz mit Bundeskanzler Olaf Scholz geplant, bei der die Flüchtlingspolitik im Vordergrund stehen soll.

Die Bundesregierung hielt sich am Mittwoch bedeckt. Ein Regierungssprecher verwies lediglich darauf, dass die gesetzlichen Möglichkeiten für Sachleistungen gegeben seien. Es sei Sache der Länder und Kommunen, wie dies umgesetzt werde. Generell stehen in der Erstaufnahme von Flüchtlingen zunächst die Bundesländer in der Verantwortung bei der Versorgung der Menschen, die Kommunen übernehmen diese Aufgabe nach der Weiterverteilung. Laut Urteil des Bundesverfassungsgerichts muss aber ein Teil der Unterstützung als Geldleistung zur Verfügung stehen. Vorgesehen sind hierfür monatlich 182 Euro für eine alleinstehende Person. Hinzukommen 228 Euro pro Person etwa für Lebensmittel, Kleidung und Medikamente. Diese Leistung wird laut Marnich je nach Unterkunft oft schon als Sachleistungen erbracht.

"DISKRIMINIEREND, TEUER UND SINNLOS"

Die Forderung nach generellen Sachleistungen wird auch damit begründet, dass viele Migranten die staatlichen Hilfen teilweise an ihre Verwandten in ihren Heimatländern überweisen würden. Die FDP, aber auch die Union sieht die direkte finanzielle Unterstützung als einen "Pullfaktor", der Geflüchtete dazu motiviert, nach Deutschland zu kommen. "Deswegen müssen diese Bargeldauszahlung endlich aufhören", sagte Dürr. Im Deutschlandfunk betonte er, Sachleistungen bedeuteten nicht mehr, sondern weniger Bürokratie für die Kommunen. Außerdem verhindere dies, dass Geflüchtete mit dem Geld nachträglich ihre Schleuser bezahlten.

Marnich vom Städte- und Gemeindebund erläuterte, dass eine Verteilung von Sach- statt Geldleistungen etwa in Gemeinschaftsunterkünften einfacher umzusetzen sei als bei einer dezentralen Unterbringung der Menschen. Dass Migranten in der Lage seien, Geld in ihre Heimat zu überweisen, komme in Einzelfällen sicher vor. "Allerdings wird in vielen Fällen nicht wahnsinnig viel übrigbleiben", fügte sie mit Blick auf die Regelsätze hinzu. Sie sehe im übrigen in der Frage der Sozialleistungen keinen entscheidenden Pullfaktor.

Auch Pro Asyl lehnt eine generelle Umwandlung von Sach- in Geldleistungen ab. Dies sei "eine alte Forderung, die zum Teil schon Praxis, aber weder fair noch sinnvoll ist", erklärte die Flüchtlingshilfsorganisation. "Denn Sachleistungen sind diskriminierend, teuer und sinnlos."

(Bericht von Alexander Ratz, Mitarbeit Andreas Rinke; Redigiert von Sabine Ehrhardt; Bei Rückfragen wenden Sie sich an berlin.newsroom@tr.com)

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