Gastgewerbe kämpft mit dem Corona-Kater - Gewerkschaft fordert mehr Lohn

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Berlin (Reuters) - Das von der Corona-Krise schwer gebeutelte Gastgewerbe kommt nicht in Tritt. Die Betriebe suchen immer noch händeringend nach Personal.

Zudem hat sich der Trend zu Mini-Jobs in der Niedriglohnbranche seit der Virus-Pandemie noch einmal deutlich verstärkt, wie am Dienstag aus einer Studie für die Hans-Böckler-Stiftung und die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) hervorgeht. Demnach verlor das Gastgewerbe im Zuge der Lockdowns 2020/21 rund 330.000 Beschäftigte. Bis 2022 stieg die Zahl wieder um 224.000. Im Laufe des Jahres dürfte sich die Personallücke im Vergleich zur Vor-Corona-Zeit sogar schließen und die Zahl der Beschäftigten auf gut 2,1 Millionen steigen, sagte die Autorin der Branchenanalyse, Katrin Schmid. "Wir haben die Tendenz zu noch mehr Mini-Jobs in der Branche."

In der Branche hat ohnehin fast die Hälfte der Belegschaft eine prekäre Beschäftigung. 48 Prozent haben einen Minijob und nur 52 Prozent sind sozialversicherungspflichtig beschäftigt, wie aus der Studie hervorgeht. Bei den neuen Beschäftigten, die Hotels, Restaurants und Caterer nach Corona wieder anheuern konnten, lag der Anteil der Mini-Jobber sogar bei 64 Prozent. Auch das Lohnniveau sei unbefriedigend: Mit 63 Prozent (Stand: April 2022) habe keine andere Branche einen so hohen Anteil von Beschäftigten im Niedriglohnsektor, sagte Schmid. Der Arbeitgeberverband Dehoga erklärte, viele Beschäftigten wollten nicht in Vollzeit arbeiten, um Beruf und Familie oder Freizeit besser vereinbaren zu können.

GEWERKSCHAFT - "LÖHNE MÜSSEN RAUF, DIE ARBEITSZEITEN RUNTER"

Von der Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns auf zwölf Euro konnten zwar viele Beschäftigte profitieren. Trotzdem hat fast die Hälfte aller Mini-Jobber noch einen Zweitjob. Die Lage der Branche gleicht einem Teufelskreis: Der Personalmangel führt zu Überstunden, Zeitdruck und enormen Anforderungen an die Flexibilität und - verbunden mit schlechter Bezahlung - auch zu hoher Unzufriedenheit, wie die Umfrage unter mehr als 4000 Beschäftigten und Betriebsräten zeigt. Das macht die Branche, die ohnehin unter Nachwuchsproblemen leidet, unattraktiver. Die Zahl der Auszubildenden sank von fast 46.000 2007/08 auf zuletzt rund 21.000. Laut NGG brechen vier bis fünf von zehn jungen Menschen ihre Lehre als Koch, Hotelfachfrau oder Fachkraft in der Systemgastronomie ab.

Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten plädiert für mehr Geld, um die Branche wieder attraktiver zu machen. "Die Löhne müssen rauf, die Arbeitszeiten runter", sagte NGG-Chef Guido Zeitler in Berlin. Er forderte erneut, der Einstiegslohn für ausgebildetes Personal müsse auf 3000 Euro steigen. Derzeit liegen die Monatslöhne je nach Region in einer Spanne von 2076 Euro brutto in Mecklenburg-Vorpommern und 2622 Euro in Bayern. Zeitler räumte ein, dass die Lage für viele Betriebe nach der Corona-Krise noch nicht wieder rosig sei. Aber die Firmen stünden auch nicht alle "mit dem Rücken zur Wand". Außerdem werde es eine Konsolidierung am Markt geben müssen. Nicht alle Unternehmen würden überleben.

Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) erklärte, bei Tarifverhandlungen spiele die Lage auf dem Arbeitsmarkt zwar eine Rolle. "Utopische Lohnsprünge, die nur über drastische Preiserhöhungen gegenüber den Gästen zu finanzieren sein, verbieten sich aber in der derzeitigen wirtschaftlichen Situation."

(Bericht von Klaus Lauer, redigiert von Olaf Brenner. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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