Schweiz will Zügel für Banken bei Greenwashing anziehen

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Zürich (Reuters) - Im Kampf gegen Etikettenschwindel bei grünen Investments will die Schweiz die Zügel anziehen.

Die Regierung bringt eine neue Regelung gegen das sogenannte Greenwashing auf den Weg. Das Finanzministerium (EFD) solle bis spätestens Ende August 2024 einen Vorschlag für eine Verordnung vorlegen, teilte die Regierung am Mittwoch mit. "Mit dieser Verordnung erwarten wir stärkere Maßnahmen gegen Greenwashing", sagte ein EFD-Sprecher.

Eine gesetzliche Regelung wäre ein Rückschlag für die Banken und Fondshäuser, die beim Greenwashing auf Selbstregulierung gesetzt hatten. Es bleibt aber noch eine Hintertür: Falls die Finanzbranche doch eine Selbstregulierung präsentiere, die den Standpunkt der Regierung effektiv umsetze, werde das EFD auf weitere Regulierung verzichten, erklärte die Regierung.

Kein anderer namhafter Finanzplatz lässt zu, dass sich die Anbieter selbst überwachen. Nichtregierungsorganisationen wie der WWF Schweiz hatten kritisiert, dass Selbstregulierung Greenwashing-Vorfälle nicht verhindern könne. Die Zahl der möglichen Fällen von Greenwashing durch Banken und Finanzdienstleister in aller Welt ist in den vergangenen zwölf Monaten um 70 Prozent hochgeschnellt, wie aus einer kürzlich veröffentlichten Studie von RepRisk hervorgeht. Die meisten davon entfielen auf europäische Finanzinstitute.

BRANCHE HOFFT WEITER AUF SELBSTREGULIERUNG

Die Branchenverbände Schweizerische Bankiervereinigung, Asset Management Association Switzerland und Schweizerischer Versicherungsverband wollen das Thema in Eigenregie regeln. "Die drei Verbände sind weiterhin überzeugt, dass die Selbstregulierungen ein wirksames und im Vergleich zur prinzipienbasierten Regulierung flexibleres Instrument zur Vermeidung von Greenwashing darstellen", erklärten sie in einer gemeinsamen Stellungnahme.

Dass Unternehmen irreführende Behauptungen in Bezug auf Nachhaltigkeit aufstellen, um ihren Ruf und den Gewinn aufzupolieren, ist den Regulatoren ein Dorn im Auge. Denn Investitionen sind eine Schlüssel-Voraussetzung, um die Wirtschaft auf Klima-Kurs zu bringen. Mangelnde Glaubwürdigkeit untergräbt diese Anstrengungen. Experten zufolge besteht das größte Risiko von Greenwashing bei Kundenberatern, die Anleger falsch informieren, sowie bei Anlageprodukten, die grüner vermarktet werden als sie sind.

Eine hohe Glaubwürdigkeit sei eine Voraussetzung, damit ein Finanzplatz im Bereich nachhaltiger Anlagen eine führende Rolle einnehmen könne, hatte die Schweizer Regierung bereits im Dezember erklärt. Die Kunden müssten klarer informiert werden, wie nachhaltig Finanzprodukte oder Dienstleistungen tatsächlich seien. Die Vorschläge einer Arbeitsgruppe dazu, wie das umzusetzen sei, stellten die Regierung nun nicht zufrieden.

Jedenfalls aber zeichnet sich ab, dass wohl viele Banken ihre Prozesse anpassen müssen. Das und auch die Schulung der Mitarbeiter könnten eine Bank über die kommenden fünf Jahre fünf bis zehn Millionen Franken kosten, schätzt Daniel Schmid Perez vom Bankenberater ZEB.

Die Volumen der Anlagen "mit Nachhaltigkeitsbezug" schrumpften in der Schweiz 2022 auf 1610 Milliarden Franken von 1983 Milliarden im Jahr davor, wie aus einer Studie von Swiss Sustainable Finance (SSF) hervorgeht. Neben der Marktperformance, die sich auch bei konventionellen Anlagen negativ auswirkte, steckten dahinter mehrere große Anbieter, die bei der Kennzeichnung vorsichtiger geworden waren.

(Bericht von Paul Arnold, Oliver Hirt und John Revill. Redigiert von Ralf Bode. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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