Bayer verliert erneut Glyphosat-Verfahren - Neue Prozess-Strategie nötig?

Reuters · Uhr

Frankfurt (Reuters) - Beim Agrar- und Pharmakonzern Bayer scheint die Erfolgsserie bei den Glyphosat-Prozessen in den USA gebrochen.

Nachdem das Unternehmen neun Verfahren in Folge gewonnen hatte, verlor Bayer nun innerhalb kurzer Zeit zum dritten Mal hintereinander einen Prozess wegen der angeblich krebserregenden Wirkung des Unkrautvernichters. Ein kalifornisches Geschworenengericht verurteilte den Konzern am Dienstag zu einer Schadenersatzzahlung von insgesamt 332 Millionen Dollar an einen Mann, der seine Krebserkrankung auf die Verwendung des glyphosathaltigen Unkrautvernichters Roundup von Bayer zurückführte.

An der Börse kam Bayer am Mittwoch glimpflicher davon. Die Aktien fielen um 0,9 Prozent auf 40,31 Euro. Frühere verlorene Prozesse hatten dem Unternehmen in der Vergangenheit schwere Kursverluste eingebrockt. Seit Jahresbeginn haben die Papiere gleichwohl rund 16 Prozent an Wert verloren.

"SCHWIERIGER SPAGAT FÜR BAYER"

Nach Einschätzung von Fondsmanager Markus Manns von der Fondsgesellschaft Union Investment sollte der Konzern seine Prozess-Strategie nun nochmals überprüfen, um weitere negative Schlagzeilen zu vermeiden. "Bayers Strategie besteht darin, nur noch solche Prozesse zu führen, bei denen man sich eine gute Chance ausrechnet, den Prozess zu gewinnen. Das hat neunmal geklappt, ist aber nun dreimal fehlgeschlagen", sagte Manns der Nachrichtenagentur Reuters. Nach den gewonnenen Prozessen habe Bayer eine Einigung mit den restlichen Klägern verzögert, um Geld zu sparen. Da einige Kläger womöglich nur Trittbrettfahrer seien, sei es richtig, sich nicht gleich in allen offenen Fällen zu einigen. "Angesichts der schwierigen Cash-Situation beziehungsweise der hohen Verschuldung sollte aber auch eine teure Einigung mit allen Klägern vermieden werden. Das wird ein schwieriger Spagat für Bayer." Union Investment gehört nach LSEG-Daten zu den zehn größten Bayer-Investoren.

Das Leverkusener Unternehmen kündigte an, in allen drei Fällen Berufung einzulegen. Es gebe "starke Argumente, um in der Berufung die Aufhebung dieses unbegründeten Urteils zu erreichen und den verfassungswidrig überhöhten Schadenersatz zu streichen oder zu reduzieren, da während des Prozesses erhebliche und reversible Rechts- und Beweisfehler gemacht wurden", erklärte ein Sprecher. Für Bayer war es die dritte Niederlage im Oktober, nachdem der Konzern in zwei anderen Roundup-Verfahren zur Zahlung von insgesamt 175 Millionen Dollar sowie von 1,25 Millionen Dollar verurteilt wurde.

EINIGUNG IN 47.000 FÄLLEN STEHT AUS

Zuletzt standen laut Bayer noch für 47.000 der insgesamt rund 160.000 angemeldeten Ansprüche Einigungen aus. Die Klagewelle hatte sich das Unternehmen mit der milliardenschweren Übernahme des Glyphosat-Entwicklers Monsanto ins Haus geholt. Nach den ersten gewonnenen Prozessen hatte das Unternehmen angekündigt, sich nur noch in sehr strategischen Einzelfällen auf Vergleiche einlassen zu wollen. Der neue Bayer-Chef Bill Anderson hatte im Sommer gegenüber Analysten diese Haltung bekräftigt: Das Unternehmen werde in dem verbliebenen Rechtskomplex "sehr hart" gegen seine Gegner vorgehen.

Die Vorwürfe gegen Glyphosat hat Bayer stets zurückgewiesen. Behörden weltweit haben das Mittel als nicht krebserregend eingestuft. Die Krebsforschungsagentur IARC der Weltgesundheitsorganisation WHO bewertete den Wirkstoff 2015 als "wahrscheinlich krebserregend".

(Bericht von Patricia Weiß, redigiert von Hans Seidenstücker. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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