Das sagen die Experten

Ökonomen-Stimmen zur Inflationsentwicklung in Deutschland

onvista · Uhr
Quelle: lunopark/Shutterstock.com

Die Inflation in Deutschland hat zum Jahresende 2023 wieder an Tempo gewonnen. Die Verbraucherpreise lagen im Dezember um 3,7 Prozent über dem Vorjahresmonat - nach 3,2 Prozent im November, wie das Statistische Bundesamt am Donnerstag auf Basis vorläufiger Zahlen mitteilte. Volkswirte hatten mit der Umkehr des Trends im Dezember gerechnet: Denn ein Jahr zuvor hatte der Staat in dem Monat einmalig die Kosten für den Abschlag der Gas- und Fernwärmekunden übernommen. 

Einschätzungen von Ökonomen

Marco Wagner, Volkswirt Commerzbank

„Die Inflation in Deutschland ist im Dezember wieder nach oben gesprungen, was auf Einmaleffekte bei den Energiepreisen zurückzuführen ist. Demgegenüber ist die Kerninflation weiter gefallen. Von Entwarnung kann aber noch keine Rede sein. Angesichts der jüngsten Beschlüsse der Bundesregierung sollte die Inflation im Januar noch einmal steigen. Auch wenn diese im Jahresverlauf dann tendenziell zurückgehen sollte, bleibt der Lohndruck stark, sodass sich die Inflation letztlich eher bei 3 Prozent als bei 2 Prozent einpendeln dürfte.“

Ralf Umlauf, Analyst Landesbank Hessen-Thüringen

„Trotz im Monatsvergleich rückläufiger Benzin- und Dieselpreise ist der gesamte Verbraucherpreisindex im Dezember gestiegen. Zudem gilt es zu beachten, dass der Basiseffekt aus dem Jahr 2022 zu einem Schub bei der Jahresteuerungsrate geführt hat. Auch in anderen europäischen Ländern sind die Teuerungsraten gestiegen, sodass bei der morgen anstehenden EWU-Schnellschätzung ebenfalls eine höhere Inflationsrate zu erwarten ist. Die ambitionierten Zinssenkungserwartungen der Marktteilnehmer mit dem eingepreisten schnellen Beginn der Lockerung seitens der EZB könnten auf die Probe gestellt werden.“

Sebastian Becker, Volkswirt bei Deutsche Bank Research

„Auch wenn wir davon ausgehen, dass sich der Jahresteuerungsdruck im Jahresverlauf 2024 weiter abschwächen dürfte - im Januar könnte die Inflationsrate wieder auf etwa 3,5 Prozent absinken -, dürfte der Weg hin zu dauerhaft niedrigeren Inflationsraten wohl steinig bleiben. Denn im Gegensatz zu den aufseiten der Energie, der Nahrungsmittel und der Industriegüter einwirkenden desinflationären Kräften dürfte die Dienstleistungspreisinflation noch für längere Zeit auf unerwünscht hohem Niveau verharren. Dafür sprechen nicht zuletzt auch die hohen Lohnabschlüsse.“

Michael Holstein, Chefvolkswirt der DZ Bank

„Im neuen Jahr dürfte der Preisdruck vorerst weiter erhöht bleiben. Das liegt vor allem am erhöhten CO2-Preis und der wieder gestiegenen Mehrwertsteuer in der Gastronomie. Von der Zwei-Prozent-Marke der EZB sind wir in Deutschland 2024 auch deshalb noch ein gutes Stück entfernt.“

Ulrike Kastens, Volkswirtin Europa der DWS

„Seit Anfang des Jahres 2024 sind nicht nur die Energiepreise durch staatliche Maßnahmen (unter anderem höherer CO2 Preis, höhere Mehrwertsteuer für Gas, höhere Netzentgelte für Strom) gestiegen. Die Mehrwertsteuer für Gaststätten wurde ebenfalls wieder von 7 Prozent auf 19 Prozent angehoben. All dies könnte die Inflationsrate auch im Januar 2024 in Richtung 4 Prozent führen. Auch wenn die Kernrate in der Tendenz weiter leicht zurückgehen wird, die Inflationsgefahren in Deutschland sind vor allem durch den Lohnanstieg bei weitem noch nicht gebannt.“

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