Abspaltung von Nordamerika-Geschäft soll Holcim in den USA beflügeln

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Zürich (Reuters) - Der Schweizer Zementkonzern Holcim verspricht sich von der geplanten Abspaltung und Börsennotiz seines Nordamerika-Geschäfts einen Wachstumsschub in den Vereinigten Staaten.

"Wir glauben, dass das Potenzial in den USA nur durch eine hundertprozentige Börsennotierung und ein hundertprozentig unabhängiges Unternehmen ausgeschöpft werden kann", sagte Konzern- und Verwaltungsratschef Jan Jenisch am Montag. Die Marktdynamik in den USA sei immens, es gebe eine Reindustriealisierung des Landes und große Infrastrukturprogramme. Und eine US-Firma profitiere von den Vorteilen des Dollars, etwa im Hinblick auf Finanzierungen und bei Akquisitionen, sowie Investoren wie beispielsweise großen US-Fonds, die in amerikanische Unternehmen investieren wollten.

Allerdings haben wohl auch Bewertungsüberlegungen bei der Entscheidung eine Rolle gespielt. In vielen Branchen sind die Bewertungen für in USA gelistete Firmen höher als in Europa, in der Bauindustrie sind sie bis zu doppelt so hoch. "Baustoffunternehmen in den USA werden mit erheblichen Aufschlägen gegenüber ihren europäischen Pendants gehandelt", erklärte Marco Estermann, Analyst bei der Luzerner Kantonalbank. Und seine Kollegen von Bernstein kommentierten: "Wir glauben, dass Holcim sich zu diesem Schritt entschlossen hat, um einen höheren Wert für die US-Vermögenswerte zu erzielen, als es die Multiplikatoren der Börsennotierung in Europa widerspiegeln." Holcim folgt mit dem US-Listing auch einem Branchentrend. So wechselte der Baustoffkonzern CRH im September von der Börse in Dublin an die New Yorker Börse.

An der Börse kamen die Pläne für einen Spin-off jedenfalls gut an. Die Holcim-Aktien stiegen zeitweise um mehr als sechs Prozent und setzten sich an die Spitze sowohl der Schweizer Bluechips als auch der europäischen Baustofftitel.

BÖRSENGANG BIS MITTE 2025 - GROSSAKTIONÄR FÜR SPIN-OFF

Holcim will die Abspaltung des Nordamerika-Geschäfts und die anschließende Notierung an der New Yorker Börse bis Mitte 2025 über die Bühne bringen. Die Transaktion wäre eine der größten in der Baustoffbranche in den vergangenen Jahren. Dem "Wall Street Journal" zufolge könnte der Holcim-Bereich an der Börse mehr als 30 Milliarden Dollar wert sein, eine Größenordnung, die Konzernchef Jenisch für plausibel hält. Derzeit kommt der Heidelberg-Materials-Rivale auf eine Marktkapitalisierung von umgerechnet rund 43 Milliarden Dollar.

Der größte Holcim-Aktionär Thomas Schmidheiny befürwortet die Aufspaltung des Konzerns. "Herr Schmidheiny unterstützt die Abtrennung und Börsennotierung des amerikanischen Geschäfts voll und ganz, was seiner Meinung nach der industriellen Logik entspricht", erklärte ein Sprecher des Industriellen. Schmidheiny, Urenkel des Holcim-Gründers und ehemaliger Verwaltungsratspräsident, hält rund sieben Prozent der Aktien.

Jenisch bezeichnete das Nordamerika-Geschäft als "Rockstar-Geschäft". Bis 2030 peile der Bereich ein Umsatzwachstum auf mehr als 20 Milliarden Dollar von aktuell gut elf Milliarden Dollar und einen Anstieg des Betriebsergebnis (Ebit) auf über fünf Milliarden Dollar von derzeit mehr als zwei Milliarden Dollar an. In Nordamerika betreibt Holcim Anlagen an mehr als 850 Standorten in den Bereichen Zement, Zuschlagstoffe, Fertigbeton und Bedachungen. Das verbleibende Geschäft von Holcim, das Tätigkeiten in Europa, Asien, Afrika und Lateinamerika bündelt, soll den Umsatz bis 2030 auf rund 22 von 17 Milliarden Franken und das Ebit auf über vier von 2,7 Milliarden Franken steigern.

Jenisch wird den CEO-Posten am 1. Mai an Europa-Chef Miljan Gutovic übergeben. Er bleibt Verwaltungsratspräsident und wird auch die geplante Börsennotierung des Nordamerika-Geschäfts verantworten. Wer dort das Steuer übernehmen wird, steht noch nicht fest. Jenisch will die geplante Abspaltung bei Bedarf durch den Rückkauf eigener Aktien unterstützen.

Holcim entstand 2015 aus dem Zusammenschluss der Schweizer Holcim mit der französischen Lafarge. Angesichts der gemessen am Verkaufspreis hohen Transportkosten werden schwere Produkte wie Zement oder Beton zumeist in der Nähe des Werks verbaut. Entsprechend gering sind die Vorteile für einen globalen Anbieter.

(Bericht von Paul Arnoldund John Revill, redigiert von Ralf Banser. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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