Chemiegewerkschaft will bis zu sieben Prozent Lohnerhöhung

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Frankfurt (Reuters) - Die Gewerkschaft IG BCE will bei den anstehenden Tarifverhandlungen für die 585.000 Beschäftigten der Chemieindustrie eine deutliche Erhöhung der Entgelte erreichen.

"Reallohnverluste in dieser Leitindustrie werden wir nicht akzeptieren", sagte IGBCE-Tarifvorstand Oliver Heinrich anlässlich der am Dienstag veröffentlichten Forderungsempfehlung der Gewerkschaft. Diese umfasst eine Lohnerhöhung von sechs bis sieben Prozent und strebt zudem eine Modernisierung des Bundesentgelttarifvertrags an sowie mehr tariflichen Schutz für Mitglieder der IG BCE. Heinrich sprach von einer Empfehlung mit "Maß und Mitte". "Sie überfordert auf Unternehmensseite niemanden - aber hilft auf Belegschaftsseite vielen." Die Arbeitgeber kritisierten die Forderungen dagegen als weder krisengerecht noch finanzierbar.

Im vergangenen Jahr waren die Verbraucherpreise in Deutschland um durchschnittlich 5,9 Prozent gestiegen - der zweithöchste Wert seit der Wiedervereinigung. Für 2024 rechnet das Münchner Ifo-Institut mit einem Rückgang der Teuerungsrate auf 2,2 Prozent. Die IG BCE verwies auf eine aktuelle Umfrage, nach der sich drei von vier Chemie-Beschäftigten beim Haushaltsbudget einschränken müssten, eine Mehrheit von 59 Prozent blicke pessimistisch in die Zukunft. Der letzte Tarifabschluss vom Oktober 2022 habe mit einem Lohnplus von je 3,25 Prozent in zwei Schritten und insgesamt 3000 Euro steuer- und abgabenfreier Inflationsausgleichsprämie zwar die massiven Preissteigerungen über die Laufzeit von 20 Monaten ausgleichen können. "Aber die Wirkung der Prämien ist inzwischen verpufft."

Der Bundesarbeitgeberverband BAVC konterte, dass die Chemieproduktion im vergangenen Jahr um acht Prozent weiter eingebrochen sei. Der Branchenumsatz sei um zwölf Prozent geschrumpft und auch in diesem Jahr sei kein Wachstum in Sicht. "2024 steuert die Chemie auf eine Krisen-Tarifrunde zu", sagte BAVC-Hauptgeschäftsführer Klaus-Peter Stiller. "Wo keine Zuwächse sind, können wir auch keine verteilen." In vielen Unternehmen komme es zu Restrukturierungen und auch Stellenabbau. Zudem sei die zweite Stufe der Tariferhöhung aus dem Tarifpaket 2022 gerade erst zum Januar in Kraft getreten. "Für viele Unternehmen ist das ein absoluter Kraftakt."

Die regionalen Tarifkommissionen sollen laut IG BCE ihre Forderungen ab Mitte März beschließen, bevor am 10. April die Bundestarifkommission die endgültige Forderung aufstellt. Fünf Tage später starten regionale Tarifgespräche, die erste Bundestarifverhandlung ist für den 14./15. Mai in Teistungen bei Göttingen angesetzt.

Für Gewerkschaftsmitglieder will die IG BCE tarifliche Vorteile erreichen wie einen besseren Kündigungsschutz oder höhere Zuschüsse zu Kranken- oder Kurzarbeitergeld. Dem wollen die Arbeitgeber aber nicht nachkommen und warnen vor einer Spaltung der Belegschaft. Der Bundesentgelttarifvertrag, der aus dem Jahr 1987 stamme, müsse zudem modernisiert werden, da er etwa Studienabschlüsse wie Bachelor und Master nicht kenne und zu komplizierte Regelungen bei Höhergruppierungen habe. "Wir werden eine Reihe von Vorschlägen in diese Diskussion einbringen, die Komplexität reduzieren und den Chemie-Tarif attraktiver machen können", sagte Stiller vom BAVC dazu.

(Bericht von Patricia Weiß, unter Mitarbeit von Rene Wagner. Redigiert von Ralf Banser. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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