Eigengewächs Wierod wird neuer ABB-Konzernchef

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Zürich (Reuters) - Nach einem erfolgreichen Konzernumbau tritt ABB-Chef Björn Rosengren im Sommer zurück.

Nachfolger des 64-Jährigen wird Morten Wierod, der bereits ein Vierteljahrhundert für den Schweizer Elektrotechnikkonzern arbeitet, wie ABB am Freitag mitteilte. Grundlegende Kurskorrekturen erwarten Experten von dem 52-Jährigen zwar nicht. Analysten zufolge könnte Wierod aber größere Zukäufe ins Auge fassen, nachdem ABB in den vergangenen Jahren eine Reihe von Geschäften abgestoßen hat.

Um einen nahtlosen Übergang zu gewährleisten, werde Rosengren Wierod ab seiner Amtsübernahme am 1. August bis zum Ende des Jahres beratend zur Seite stehen und das Unternehmen dann verlassen. Wierod stieß 1998 zu ABB und sitzt seit 2019 in der Konzernleitung. Zuerst verantwortete er den Geschäftsbereich Antriebstechnik, derzeit ist er Leiter der Elektrifizierung.

"Er ist sehr gut mit ABB und unserem dezentralisierten Geschäftsmodell vertraut und verfügt über umfangreiche Expertise in unseren wichtigsten Kundensegmenten sowie eine starke Leistungsbilanz", begründete Verwaltungsratspräsident Peter Voser die Wahl. Er freue sich, dass sich in einem kompetitiven Auswahlverfahren ein interner Kandidat durchgesetzt habe. Als weiterer interner Interessent für den Job galt Finanzchef Timo Ihamuotila. Mit dem Finnen Ihamuotila, dem Norweger Wierod und dem Schweden Rosengren besetzen gleich drei Skandinavier Spitzenposten bei dem Konzern, der 1988 aus dem Zusammenschluss der schwedischen Asea und der schweizerischen BBC hervorging.

Nach einem guten Start entwickelte sich das Unternehmen unbefriedigend, eine ganze Reihe von Chefs wechselten sich ab, ohne dass ABB in die Erfolgsspur fand. Das änderte sich 2020, als der frühere Chef des Spezialmaschinenbauers Sandvik das Steuer übernahm: Rosengren trimmte den Siemens-Rivalen mit der Rückendeckung der schwedischen Großaktionäre Investor und Cevian auf Rendite. So übertrug er den einzelnen Geschäften auf Kosten der Konzernzentrale mehr Eigenverantwortung. Im Zuge eines Konzernumbaus trennte er sich zudem von mehreren Unternehmensteilen. Die Anleger honorierten die Maßnahmen, der Aktienkurs hat sich während seiner Amtszeit verdoppelt und den europäischen Branchenindex damit überflügelt. Im vergangenen Jahr konnte Rosengren sein Gehalt einschließlich Bonus auf 9,7 (Vorjahr 8,1) Millionen Franken steigern. Wierod kam auf 4,6 (3,8) Millionen Franken.

"NOCH MUTIGER"?

Im November hob Rosengren, dessen Trainee-Bewerbung ABB einst abgewiesen hatte, dann auch die Wachstumsziele an. Neu peilt der Hersteller von Robotern, Antrieben und Elektro-Ladestationen ein durchschnittliches jährliches Umsatzplus von sechs bis neun Prozent an. Der Konzern profitiert von Megatrends wie der Abkehr von fossiler Energie in der Transportbranche und den Bemühungen um Energieeffizienz bei Gebäuden. Gleichzeitig fördern die Schrumpfung der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter und steigende Arbeitskosten die Nachfrage nach Automatisierung in der Industrie.

Für Wierod gelten die bisherigen Vorgaben. "Nachdem wir uns vor kurzem ehrgeizigere Finanz- und Nachhaltigkeitsziele gesetzt haben, werde ich weiter auf unser dezentrales Betriebsmodell setzen, um das volle Potenzial unserer marktführenden Positionen in der Elektrifizierung und Automatisierung auszuschöpfen", erklärte der Manager, der einen Master-Abschluss in Elektrotechnik der Norwegischen Universität für Wissenschaft und Technologie besitzt.

Die Anleger reagierten verhalten auf seine Ernennung, die Aktie gab 1,8 Prozent nach. Wierod sei im Kapitalmarkt hoch geschätzt, erklärte ZKB-Analyst Bernd Laux. "Was sich für die Aktionäre möglicherweise ändern könnte, ist, dass, nach einer Aufwärmphase CEO Wierod und sein Team mutiger und (noch) ehrgeiziger werden, was aus unserer Sicht größere Akquisitionen bedeuten könnte." Damit würde sich das Risikoprofil von ABB ab dem nächsten Jahr etwas erhöhen, so der Analyst.

(Bericht von Oliver Hirt und John Revill; redigiert von Sabine Wollrab. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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