Dauerkrise bei BASF - Mehr Einsparungen und weiterer Stellenabbau

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- von Patricia Weiss

Frankfurt (Reuters) - BASF-Chef Martin Brudermüller verschärft wenige Monate vor seinem Abschied bei dem Chemieriesen den Sparkurs am Stammsitz Ludwigshafen.

Die anhaltend schwache Nachfrage und hohe Produktionskosten machen dem Konzern an seinem größten Standort schaffen, seit zwei Jahren schreibt BASF in Deutschland rote Zahlen. "Die Lage ist ernst", sagte Brudermüller am Freitag bei der Vorlage der Bilanz. Es sei dringend notwendig, in Ludwigshafen "weitere entschlossene Maßnahmen zur Verbesserung unserer Wettbewerbsfähigkeit vorzunehmen". Durch ein zusätzliches Sparprogramm sollen die Kosten bis Ende 2026 jährlich um eine weitere Milliarde Euro gesenkt werden. Auch ein weiterer Stellenabbau ist damit verbunden.

Vor einem Jahr hatte Brudermüller bereits harte Einschnitte angekündigt, um den Konzern wetterfest zu machen. Ihnen sollten weltweit 2600 Stellen zum Opfer fallen, knapp zwei Drittel davon in Deutschland. Doch im vergangenen Jahr ging die Zahl der Beschäftigten hierzulande erst um 300 Jobs zurück. Mehrere energieintensive Anlagen am Stammwerk in Ludwigshafen sollten geschlossen werden, davon waren nach damaligen Angaben 700 Stellen in der Produktion betroffen. Mit diesem Sparprogramm peilte BASF Gesamteinsparungen bis Ende 2026 von jährlich rund 1,1 Milliarden Euro an. Die gesamten Einmalkosten für diese Maßnahmen sowie für das neue Programm bezifferte BASF auf voraussichtlich bis zu 1,8 Milliarden Euro.

Kritik kam von der Gewerkschaft IG BCE. Statt eines Sparprogramms nach dem nächsten brauche es Zukunftsinvestitionen. "Die Beschäftigten müssen wissen, wohin sich das Unternehmen bewegt", erklärte Bezirksleiter Gunther Kollmuß. Das Unternehmen liegt bald in den Händen von Asienchef Markus Kamieth, der Brudermüller mit Ablauf der Hauptversammlung Ende April an der Spitze des Unternehmens ablöst. Brudermüller wird danach den Mercedes-Benz-Aufsichtsrat führen. Fest steht schon jetzt: Der BASF-Stammsitz Ludwigshafen wird kleiner werden, soll aber auf lange Sicht der größte Produktionsstandort des Konzerns bleiben, wie Brudermüller betonte.

Die deutsche Chemieindustrie befindet sich in einer tiefen Krise, die sich vor zwei Jahren mit den explodierten Gaspreisen im Zuge des Kriegs in der Ukraine zuspitzte. Zwar sind die Gaspreise im vergangenen Jahr wieder gesunken, doch die Chemiebranche leidet noch immer unter den vergleichsweise hohen Energiepreisen in Deutschland - BASF bekommt das als größter industrieller Gasverbraucher hierzulande wie kein anderes Unternehmen zu spüren. "Es ist leider nicht zu erwarten, dass sich die Bedingungen in absehbarer Zeit verbessern werden – weil sie strukturell geworden sind", sagte Brudermüller.

600 Millionen Euro Verlust machte BASF vergangenes Jahr in Deutschland. Alle anderen wichtigen Länder hätten dagegen einen positiven Ergebnisbeitrag geliefert. Das zeige, dass BASF insgesamt "absolut wettbewerbsfähig und gesund ist", betonte Brudermüller. Europa und vor allem Deutschland habe aber an Wettbewerbsfähigkeit verloren, das liege auch daran, das BASF dort mehr als andernorts energieintensive Basischemikalien produziere. Der Vorstand will nun variable Kosten sowie die Fixkosten durch Effizienzsteigerungen senken und die Produktionskapazitäten in Ludwigshafen den Markterfordernissen anpassen. Weitere Anlagen werden geschlossen.

Wie viele Stellen gestrichen werden sollen, gab BASF noch nicht bekannt. Details würden derzeit erarbeitet. Der Konzern zählte zum Jahresende weltweit rund 112.000 Beschäftigte. In Deutschland 51.400, davon 38.700 in Ludwigshafen. "Neben den notwendigen Kostensenkungen wird BASF alles daransetzen, die Auslastung der wettbewerbsfähigen Anlagen in Ludwigshafen wieder deutlich zu erhöhen", kündigte Brudermüller an. Für den Standort soll nun eine neue Strategie ausgearbeitet und im zweiten Halbjahr vorgestellt werden - auch mit Blick auf die "veränderten Marktrealitäten in Europa und Deutschland".

INVESTITIONEN IN CHINA ZEHREN AN FREE CASHFLOW

"Es wird keine leichte Aufgabe für den neuen Mann Markus Kamieth ab April, das Ruder bei BASF wieder herumzureißen", sagte Marktstratege Jürgen Molnar vom Handelshaus RoboMarkets. Kamieth muss den Konzern nun aus der Krise führen, die im vergangenen Jahr zu einem weiteren Ergebniseinbruch bei BASF führte. Der Konzern hatte Anfang Januar schon vorläufige Zahlen für 2023 veröffentlicht. Der operative Gewinn (Ebit) vor Sondereinflüssen brach demnach um 45 Prozent auf 3,8 Milliarden Euro ein, der Umsatz schrumpfte um gut ein Fünftel auf 68,9 Milliarden Euro. Die Aktionäre erhalten das dritte Jahr in Folge eine unveränderte Dividende von 3,40 Euro je Aktie.

2024 soll das Ergebnis wieder zulegen, die Prognose, die BASF seit diesem Jahr auf den bereinigten Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) abstellt, sieht 8,0 bis 8,6 (2023: 7,7) Milliarden Euro vor. Der freie Mittelzufluss (Free Cashflow) dürfte indes wegen hoher Investitionen in den neuen Verbundstandort in China auf 0,1 bis 0,6 (Vorjahr: 2,7) Milliarden Euro zusammenschmelzen. Diese erreichen 2024 ihren "absoluten Höhepunkt". Kritik an den Expansionsplänen von BASF in China wies Brudermüller erneut zurück: "Man kann doch nicht an 50 Prozent des globalen Weltmarktes vorbeilaufen und 80 Prozent des Marktwachstums ignorieren."

(Redigiert von Olaf Brenner. Redigiert von Olaf Brenner. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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