EZB-Chefvolkswirt erwartet weniger Lohnwachstum - Zinssenkung im Blick

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Frankfurt/Rom (Reuters) - Ein sich abschwächendes Lohnwachstum in Richtung Normalmaß öffnet aus Sicht von EZB-Chefvolkswirt Philip Lane die Tür für mögliche Zinssenkungen.

Die Europäische Zentralbank müsse sicherstellen, dass Lohnanstiege zu einem normalen Ausmaß zurückkehrten, sagte Lane in einem am Montag von der Europäischen Zentralbank (EZB) veröffentlichten Podcast. "Es handelt sich um einen Normalisierungsprozess", sagte er. "Ich würde sagen, wir sind zuversichtlich, dass dieser sich auf dem richtigen Weg befindet." Sobald die EZB sicher sei, dass sich die Inflation wie gewünscht auf zwei Prozent zubewege, könne über Zinssenkungen beraten werden. "Und was ich sagen würde, ist, falls diese Bewertung bestätigt wird, dass wir dann beginnen werden, uns genauer mit der Rücknahme einiger unserer Zinserhöhungen zu beschäftigen."

In ihren jüngsten Wirtschaftsprognosen waren die EZB-Volkswirte davon ausgegangen, dass sich das Lohnwachstum in der Euro-Zone in diesem Jahr auf 4,5 Prozent abschwächen und dann 2025 auf 3,6 und 2026 auf 3,0 Prozent weiter abmildern wird. Im vergangenen Jahr waren die Löhne in der 20-Ländergemeinschaft noch um 5,3 Prozent gestiegen. Die Zunahme der Löhne gilt derzeit als einer der zentralen Inflationstreiber im Euroraum. Die EZB geht davon aus, dass ihr bis zum Juni wichtige Daten zu den diesjährigen Tarifabschlüssen aus den Euro-Ländern vorliegen werden. Wegen der bis zuletzt noch kräftigen Preissteigerungen hatten Gewerkschaften in den Tarifrunden hohe Lohnforderungen gestellt.

PANETTA - KONSENS IM EZB-RAT ZEICHNET SICH AB

Aus Sicht von Italiens Notenbankchef Fabio Panetta bewegt sich die EZB inzwischen immer mehr in Richtung einer ersten Zinssenkung. Der Trend bei der Inflation mache eine Herabsetzung der Zinsen möglich, sagte das EZB-Ratsmitglied am Montag auf einer Veranstaltung in Rom. "Der sich abzeichnende Konsens - vor allem in den letzten Wochen - innerhalb des EZB-Rats weist in diese Richtung", sagte er. Am Finanzmarkt wird derzeit mit einer Wahrscheinlichkeit von 74 Prozent damit gerechnet, dass die Euro-Notenbank auf ihrer Zinssitzung am 6. Juni die Sätze nach unten setzt. Für das EZB-Zinstreffen am 11. April wird die Wahrscheinlichkeit eines solchen Schritts nur mit 17 Prozent taxiert.

Zuletzt war die Inflation in der 20-Ländergemeinschaft weiter auf dem Rückzug. Im Februar lag sie bei 2,6 Prozent nach 2,8 Prozent im Januar und 2,9 Prozent im Dezember. Damit rückt das Inflationsziel der EZB immer näher. Noch im Herbst 2022 hatte die Teuerungsrate angefacht durch eine Energiekrise, die vom russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine ausgelöst worden war, zeitweise bei über zehn Prozent gelegen. Die EZB hält inzwischen seit September den am Finanzmarkt richtungsweisenden Einlagensatz, den Banken für das Horten überschüssiger Gelder von der Notenbank erhalten, bei 4,00 Prozent. Das ist das höchste Niveau seit dem Start der Währungsunion 1999.

(Bericht von Frank Siebelt, Giuseppe Fonte; Redigiert von Sabine Ehrhardt; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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