Georgien verabschiedet umstrittenes Gesetz zu "ausländischen Agenten"

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Tiflis (Reuters) - In Georgien hat das Parlament das umstrittene Gesetz zur Einstufung bestimmter Organisationen als "ausländische Agenten" verabschiedet.

84 der 150 Abgeordneten votierten am Dienstag für das Vorhaben, gegen das es zuletzt in der Hauptstadt Tiflis und anderen Städten massive Proteste gegeben hat. Präsidentin Salome Surabischwili hat angekündigt, ihr Veto gegen das Regelwerk einzulegen. Sollte sie das tun, kann sie aber durch eine weitere Abstimmung im Parlament überstimmt werden.

Das von der Opposition und Teilen der Zivilgesellschaft kritisierte Gesetz sieht vor, dass sich Organisationen, die mehr als 20 Prozent ihrer Finanzmittel aus dem Ausland erhalten, als "Agenten ausländischer Einflussnahme" registrieren lassen müssen. Kritiker sehen Parallelen zu einem ähnlichen Gesetz in Russland, mit dem die Regierung dort gegen Opposition und Teile der Gesellschaft vorgeht. Die Regierung in Tiflis verteidigt das Vorhaben als Stärkung von Transparenz und nationaler Souveränität.

Das georgische Fernsehen übertrug am Dienstag Handgemenge zwischen Abgeordneten der Regierungspartei und der Opposition, die sich während der Debatte über den Gesetzentwurf gegenseitig schubsten und wütend gestikulierten. Vor dem Parlament hatten sich etwa 1000 Demonstranten versammelt. Ihnen stand ein Großaufgebot der Polizei gegenüber. Diese setze auch Wasserwerfer ein. Die Proteste dauern seit Wochen an. Zum Teil kamen dabei zehntausende Menschen zusammen. Damit handelt es sich mit um die größten Proteste in Georgien seit der Wiedererlangung der Unabhängigkeit von Moskau im Jahr 1991.

Der Streit um das Gesetz gilt als richtungsweisend dafür, ob Georgien, das eigentlich gute Beziehungen zum Westen pflegt, weiter - wie von der Regierungspartei "Georgischer Traum" propagiert - auf eine Mitgliedschaft in der EU und der Nato hinarbeitet oder die Beziehungen zu Russland verstärken will. Die EU, die Georgien im Dezember den Status eines Beitrittskandidaten zuerkannt hatte, hat wiederholt erklärt, das Gesetz werde ein Hindernis für die weitere Integration des Landes in die Gemeinschaft darstellen. Die USA, Deutschland, Italien, Großbritannien, und Frankreich haben Georgien aufgefordert, den Gesetzentwurf zurückzuziehen. Russland hat jede Einflussnahme in der Sache zurückgewiesen.

(Bericht von Felix Light, geschrieben von Ralf Bode.; Redigiert von Hans Busemann; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)

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