Signale für zarten Aufschwung mehren sich - EZB-Zinswende kann kommen

Reuters · Uhr
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Berlin (Reuters) - Vor der absehbaren Zinswende der EZB zeichnet sich ein zarter Aufschwung im Euroraum und auch in Deutschland ab.

Angetrieben von den Dienstleistern hat die Wirtschaft hierzulande einer Umfrage zufolge im Mai mehr Fahrt aufgenommen. Der Einkaufsmanagerindex stieg auf 52,4 Zähler von 50,6 Punkten im April auf ein Zwölf-Monats-Hoch, wie der Finanzdienstleister S&P Global am Mittwoch zu endgültigen Ergebnissen seiner monatlichen Umfrage unter rund 5000 Unternehmen mitteilte. Der Servicesektor expandierte stärker als in vorläufigen Zahlen abzulesen war - und zwar um einen vollen Punkt auf 54,2 Zähler. In den vorläufigen Daten war lediglich ein Wert von 53,9 ermittelt worden. Die Wachstumsschwelle liegt bei 50 Punkten.

"Läuft doch", sagte Chefvolkswirt Cyrus de la Rubia von der Hamburg Commercial Bank (HCOB) - der Sponsorin der Umfrage. Im Dienstleistungssektor verbessere sich die Stimmung von Monat zu Monat. Die Hoffnung mache sich breit, dass die deutsche Volkswirtschaft doch nicht der kranke Mann Europas sei.

Auch Bundesbankchef Joachim Nagel sieht keinen Grund, ein solch düsteres Konjunkturbild zu zeichnen. Die hiesige Wirtschaft hat nach Einschätzung der deutschen Zentralbank wieder Tritt gefasst und bleibt voraussichtlich im Frühjahr auf dem Wachstumspfad. Im zweiten Quartal dürfte die Wirtschaftsleistung demnach erneut etwas ansteigen. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) war von Januar bis März um 0,2 Prozent gegenüber dem Vorquartal gestiegen, nachdem es Ende 2023 noch um 0,5 Prozent geschrumpft war.

"Es geht weiter aufwärts, doch insgesamt bleibt das Wachstum dieses Jahr noch mager", meint KfW-Chefvolkswirtin Fritzi Köhler-Geib: "Immerhin macht die noch vor wenigen Monaten außergewöhnlich triste Stimmung in den deutschen Unternehmen inzwischen Platz für wieder etwas mehr Zuversicht."

"REZESSION VOM TISCH"

Auch die Euro-Zone scheint sich konjunkturell wieder berappelt zu haben. Der finale Einkaufsmanagerindex erreichte im Mai mit 52,2 Punkten nach 51,7 im April den höchsten Wert seit einem Jahr. "Das Schreckgespenst einer Rezession ist vom Tisch. Dies ist dem Dienstleistungssektor zu verdanken, wo sich der Aufschwung zuletzt verbreitert hat", so die Bilanz von HCOB-Chefökonom de la Rubia.

Trotz einer zuletzt wieder anziehenden Inflation steht die Europäische Zentralbank (EZB) kurz vor der Zinswende. Die Verbraucherpreise waren im Mai um 2,6 Prozent gestiegen, womit sich die Teuerungsrate wieder etwas von der EZB-Zielmarke von 2,0 Prozent entfernte. Im April hatte sie noch bei 2,4 Prozent gelegen. Experten erwarten daher heftige Debatten unter den Währungshütern über den weiteren Zinspfad.

PREISE AB WERKSTOR SINKEN WEITER

Aktuelle Daten zur Entwicklung der Preise ab Werkstor dürften für weiteren Gesprächsstoff sorgen: In der Industrie gingen die Erzeugerpreise im April zum Vormonat um 1,0 Prozent zurück. Von Reuters befragte Ökonomen hatten lediglich ein Minus von 0,4 Prozent auf dem Schirm, nach minus 0,5 Prozent im März. Zum Vorjahresmonat gaben die Erzeugerpreise im April sogar um 5,7 Prozent nach. Ökonomen hatten hier nur mit einem Rückgang um 5,3 Prozent gerechnet, nach minus 7,8 Prozent im März. Noch Anfang 2023 waren die Erzeugerpreise binnen Jahresfrist im zweistelligen Prozentbereich gestiegen. In der Statistik werden diese Preise gelistet, bevor die Produkte weiterverarbeitet oder gehandelt werden. Sie gelten somit als früher Hinweisgeber für die Entwicklung der Verbraucherpreise.

(Bericht von Reinhard Becker, Mitarbeit Klaus Lauer, Rene Wagner, redigiert von Christian Götz. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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