CDU pocht auf Gespräche mit Taliban über Abschiebungen

Berlin (Reuters) - Mehrere CDU-Politiker haben die Bundesregierung aufgefordert, Gespräche mit den afghanischen Taliban zur Abschiebung von Straftätern und Gefährdern aus Deutschland zu führen.
"Um die humanitäre Hilfe in Afghanistan zu leisten, unterhält Berlin ohnehin Kontakte zu den Taliban. Ob diese diplomatischen Kanäle direkt oder indirekt gepflegt werden, spielt keine entscheidende Rolle", sagte der parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Thorsten Frei, der Nachrichtenagentur Reuters am Freitag. "Es gibt daher keinen ersichtlichen Grund, diese eingespielten Kontakte nicht auch zu nutzen, um Schwerverbrecher in deren Heimat abzuschieben."
Ähnlich äußerte sich der hessische Ministerpräsident Boris Rhein. "Natürlich muss man mit denen, die vor Ort das Sagen haben, reden, dass sie ihre Leute zurücknehmen", sagte der CDU-Politiker dem Nachrichtenportal "The Pioneer". "Wir müssen dann auch Geld in die Hand nehmen, um das umzusetzen, was wir wollen. Ich finde, dass das durchaus vertretbar ist", fügte Rhein hinzu. Auch NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) hatte zuvor gefordert, dass die Regierung mit den radikal-islamischen Machthabern in Afghanistan Kontakt aufzunehmen müsse.
Frei betonte, dass das Sicherheitsinteresse in Deutschland schwerer wiege als das vermeintliche Schutzbedürfnis von Personen, die eine Gefahr darstellten. "Im Übrigen bezweifele ich, dass ausgerechnet gewaltbereite Islamisten in Afghanistan einer erhöhten Gefahr ausgesetzt sind", sagte der CDU-Politiker. Es sei "bedrückend" zu sehen, dass sich Kanzler Olaf Scholz ebenfalls deutlich für Abschiebungen nach Afghanistan ausgesprochen habe, er sich aber in seiner eigenen Regierung offenbar nicht durchsetzen könne. Deshalb stelle sich die Frage, was das Wort des Kanzlers wert sei.
Die AfD kritisierte, dass es nach ihrer Einschätzung keinen politischen Willen zur Rückführung ausreisepflichtiger Afghanen gebe.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hatte angekündigt, rasch einen Gesetzentwurf zur Ausweitung von Abschiebegründen vorlegen. Auslöser der Debatte ist eine Messerattacke, bei dem ein Polizist in Mannheim durch einen aus Afghanistan stammenden Mann getötet wurde.
Während SPD und FDP auf Abschiebungen auch nach Afghanistan dringen, unterstrichen die Grünen ihre Skepsis mit Blick auf die in dem Land herrschende Taliban-Miliz. Innen- und Außenministerium verwiesen am Freitag darauf, dass weitere Prüfung laufen würden. Es gebe punktuelle Kontakte zu den Taliban, die aber nicht im Zusammengang mit Abschiebungen stünden. Ansonsten gebe es keine deutsche diplomatische Vertretung in Afghanistan.
Der Grünen-Co-Vorsitzende Omid Nouripour verwies gegenüber dem "Spiegel" auf zahlreiche Hindernisse. "Sie können nicht einfach mit den Taliban verhandeln. Die Anerkennung als Regierung wäre ein gigantischer Erfolg für eine islamistische Terrororganisation", sagte er. Zudem warnte er, dass es keine gute Idee sei, eine "Terrororganisation" zu finanzieren.
(Bericht von Andreas Rinke; redigiert von Elke Ahlswede. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)