Powell gibt Signal für Zinswende im September - Die Zeit ist gekommen

Reuters · Uhr
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- von Howard Schneider

Jackson Hole/Berlin (Reuters) - Die US-Notenbank Federal Reserve steht kurz vor der ersten Zinssenkung seit Beginn des Jahrzehnts.

Fed-Chef Jerome Powell gab den Finanzmärkten am Freitag in einer Rede auf dem Notenbankforum in Jackson Hole das erhoffte Signal für einen Lockerungsschritt im September: "Es ist an der Zeit, die Geldpolitik anzupassen." Die Richtung sei klar, fügte er mit Blick auf Zinssenkungen hinzu. Timing und Tempo würden von den einlaufenden Daten, dem Ausblick und der Risikoabwägung abhängen. Seine Zuversicht hinsichtlich einer nachhaltigen Annäherung der Inflation an das Preisstabilitätsziel der Notenbank von zwei Prozent sei gewachsen.

Die US-Währungshüter hatten bereits im Juli über eine Senkung des Leitzinses beraten, den sie seit über einem Jahr in der Spanne von 5,25 bis 5,50 Prozent halten. Sie scheuten zwar noch vor dem Schritt nach unten zurück, doch fassten sie eine Senkung für September konkret ins Auge. Eine Mehrheit der jüngst von der Nachrichtenagentur Reuters befragten Ökonomen geht davon aus, dass der Leitzins am 18. September um einen Viertel-Prozentpunkt gesenkt wird: Weitere Schritte nach unten im selben Umfang dürften demnach im November und Dezember folgen.

GOLDPREIS AUF ALLZEITHOCH

Die Signale Powells kamen bei den Investoren sehr gut an. Der Dax, der EuroStoxx50 und die wichtigsten Indizes an der Wall Street weiteten ihre Gewinne aus und lagen zwischen gut einem halben und knapp anderthalb Prozent im Plus. Powells Rede beflügelte auch den Goldpreis, der ein frisches Allzeithoch von 2517,69 Dollar je Feinunze erreichte. Die Investoren griffen auch bei den US-Staatsanleihen zu. Der Dollar-Index rutschte dagegen um knapp ein halbes Prozent auf 101,11 Punkte ab. Zuvor lag er nahe der Null-Marke.

Die Notenbank will mit ihrer straffen Linie die Inflation eindämmen, ohne allerdings die Konjunktur abzuwürgen. Anfang des Monats war an den Finanzplätzen Panik ausgebrochen, als schwache Zahlen vom Jobmarkt die Angst vor einer Rezession in den USA schürten. Die Furcht hat sich angesichts einer Reihe positiver Daten mittlerweile gelegt. "Wir werden alles tun, was wir können, um einen starken Arbeitsmarkt zu unterstützen, während wir weitere Fortschritte in Richtung Preisstabilität machen", betonte Powell. Das jetzige Zinsniveau biete der Notenbank reichlich Spielraum, um auf etwaige Risiken zu reagieren - etwa eine weitere unerwünschte Eintrübung der Lage am Arbeitsmarkt.

Die letzte Zinssenkung der Fed datiert vom März 2020, als die Notenbank auf den Konjunktur-Einbruch in der Corona-Krise reagierte. Danach hielt sie den Leitzins lange nahe der Null-Linie, bevor sie ein Inflationsschub 2022 zu teilweise massiven Zinserhöhungsschritten zwang.

Der US-Währungshüter Patrick Harker sagte Reuters jüngst, die Fed solle es beim Lockerungskurs ruhig angehen lassen. Seine Geschäftskontakte forderten berechenbare Maßnahmen. Sie wollten nicht, dass die Gangart ähnlich aggressiv ausfalle, wie es spiegelbildlich betrachtet bei den geldpolitischen Straffungsschritten im Frühjahr 2022 der Fall gewesen sei. Harker geht davon aus, dass der geldpolitische Schlüsselsatz am Ende eines Zinssenkungszyklus bei rund drei Prozent landen wird.

Powell hatte bereits mit Blick auf das Doppelmandat der Fed darauf verwiesen, dass sich die Notenbank angesichts der Fortschritte im Kampf gegen die Teuerungswelle nicht mehr zu "100 Prozent" auf die Inflation fokussieren müsse. Die Zentralbank soll neben Preisstabilität auch Vollbeschäftigung fördern. Damit rücken neben dem nächsten Inflationsbericht auch die Arbeitsmarktzahlen für August in den Blickpunkt, die Anfang September veröffentlicht werden.

"Sollte sich darin eine schnellere Eintrübung der Beschäftigungslage zeigen als die Fed derzeit annimmt, wird die Mehrheit der Fed-Offiziellen von der Sorge umgetrieben sein, dass man zu lange an der restriktiven Geldpolitik festgehalten habe. Dann muss es entsprechend schneller gehen mit der Lockerung der Geldpolitik", meint LBBW-Ökonom Elmar Völker und fügt an: "Mag auch ein maßvoller geordneter Abstieg vom Zinsgipfel aus heutiger Sicht das wahrscheinlichste und zudem das wünschenswerte Szenario sein, so stehen die USA doch an einem Punkt in der konjunkturellen Entwicklung, wo sich die Vorzeichen rasch ändern können."

(geschrieben von Reinhard Becker, Mitarbeit Frank Siebelt, Zuzanna Szymańska; Redigiert von Hans Busemann; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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