Trillerpfeifen und Sensenmann - Volkswagen steuert auf harten Tarifkonflikt zu

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Hannover (Reuters) - Im Tarifkonflikt bei Europas größtem Autobauer Volkswagen droht das Management den Beschäftigten mit Gehaltseinbußen.

Das Unternehmen wies am Mittwoch in Hannover die Forderungen der IG Metall von unter anderem sieben Prozent mehr Lohn zurück. "Die Lage ist ernst, wir brauchen Kostenentlastungen, um die Investitionen in die Zukunft zu finanzieren", sagte VW-Chefunterhändler Arne Meiswinkel nach den gut dreistündigen Gesprächen. "Hierfür wird ein Beitrag der Beschäftigten erforderlich sein." Faktisch fordere Volkswagen nicht nur eine Null-, sondern eine Minusrunde und wolle den Beschäftigten in den Geldbeutel greifen, erklärte die IG Metall dazu. "Das Fazit ist: Standortschließungen und Massenentlassungen bleiben im Raum", sagte IG-Metall-Chefunterhändler Thorsten Gröger.

Einen neuen Verhandlungstermin hätten beide Seiten bislang noch nicht vereinbart, sagte Gröger. "Wir haben dem Unternehmen die Hausaufgabe mitgegeben, ein Zukunftskonzept zu erarbeiten und danach können wir einen neuen Termin vereinbaren." Betriebsratschefin Daniela Cavallo sagte, das Unternehmen sorge durch seine Ankündigungen dafür, dass die Ängste bei den Mitarbeitern zunähmen. "Wir haben heute gesehen, die Belegschaft ist bereit, für die Forderungen, die wir haben, auf die Straße zu gehen."

Drei Stunden dauerte die erste Verhandlungsrunde, an der 49 Gewerkschaftsvertreter und 18 Vertreter des Volkswagen-Managements teilnahmen. Die Gespräche seien zu Beginn unterkühlter gewesen als in anderen Tarifrunden, sagte Gröger. Das Management habe Charts vorgelegt, welche den Deutschland-Malus von Volkswagen deutlich machen sollten, erklärte die IG Metall. Management-Fehler, gravierende Fehleinschätzungen der Vergangenheit und Belastungen wie der Dieselskandal seien nicht erwähnt worden. In der Verhandlungsrunde sei vom Unternehmen nichts gekommen außer einem "Klagelied über die harte Wettbewerbssituation", sagte Cavallo. Nun müsse die Arbeitgeberseite ihrer Verantwortung gerecht werden und sagen, wo sie denn hin wolle. "Mit einer solchen Gesprächseinstellung kommen wir keinen Schritt weiter!"

3000 VW-MITARBEITER ZU KUNDGEBUNG ANGEREIST

Vor Beginn der Gespräche waren mehr als 3000 VW-Mitarbeiter zum Verhandlungsort im Schloss Herrenhausen in Hannover gekommen. Gröger hatte im Vorfeld mit Streiks ab dem 1. Dezember gedroht. "Der Winter kommt – und wir werden dann, wenn nötig, dem Vorstand richtig einheizen!" Der Konflikt mit VW habe erst begonnen. Die VW-Mitarbeiter auf dem Hof vor dem Tagungszentrum im Schloss Herrenhausen machten mit Pfeifkonzerten und Buh-Rufen auf ihre Situation aufmerksam. Die Demonstranten waren aus zahlreichen VW-Werken angereist, hielten Plakate in die Luft, Bengalofeuer wurden angezündet, Rauch lag über dem Hof. Einer hatte sich als Sensenmann verkleidet. VW-Mitarbeiter Franz Onken konnte seine Wut nur schwer unterdrücken. "Ich bin wirklich sauer, ich weiß auch gar nicht, was ich sagen soll", sagte er. "Wenn ich könnte, würde ich dem sowas von in den Arsch treten, dem Vorstand."

Gewerkschaft und Cavallo kritisierten VW scharf dafür, dass die Tarifverträge aufgekündigt wurden, ohne vorher zu verhandeln. In den vergangenen Jahrzehnten hätten die Arbeitnehmer gemeinsam mit dem Management Lösungen für Krisen gefunden, sagte Cavallo. Die Belegschaft und der Betriebsrat verschlössen sich nicht, Lösungen für die derzeitige Situation zu finden. "Insofern sind wir tief enttäuscht, dass dieser Tabubruch jetzt begangen wurde, dass nach 30 Jahren Beschäftigungssicherung diese Partnerschaft auf Augenhöhe auch in schwierigen Zeiten aufgelöst wurde."

Volkswagen hatte den verschärften Sparkurs damit begründet, dass der Autoabsatz in Europa deutlich gesunken ist und um zwei Millionen Autos unter dem Vor-Corona-Niveau liegt. Finanzchef Arno Antlitz sprach von 500.000 Fahrzeugen, die allein VW deswegen fehlten. Dazu kommt die Schwäche in China.

(Bericht von Christina Amann, redigiert von Ralf Banser. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter Berlin.Newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder Frankfurt.Newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte)

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