Rückversicherer uneins über Elementar-Pflichtversicherung
Baden-Baden (Reuters) - Die beiden größten deutschen Rückversicherer sind sich uneinig über die Ausgestaltung einer Pflichtversicherung gegen Elementarschäden wie Hochwasser und Starkregen.
"Wir würden eine Pflichtversicherung begrüßen", sagte Munich-Re-Vorstandsmitglied Clarisse Kopff am Montag auf dem Rückversicherer-Treffen in Baden-Baden. Voraussetzung sei aber, dass die Prämien sich konsequent am Risiko orientierten, dem die Gebäude ausgesetzt seien. Die Versicherungsbranche könne das alleine stemmen, eine Beteiligung des Staates sei nicht nötig, sagte Kopff. In Ländern, wo sich Versicherer und Staat das Risiko teilten, seien die Preise oft nicht risikoadäquat.
Dagegen ist Hannover-Rück-Vorstand Michael Pickel skeptisch, ob die Versicherer dabei ohne staatliche Hilfe auskämen. Um eine flächendeckende Pflichtversicherung anbieten zu können, müssten die Rückversicherer 15 Milliarden Euro mehr Kapazität bereitstellen - "und das sehe ich nicht". Staatliche Garantien wären von daher "nicht falsch". Der Deutschland-Chef des Rückversicherungsmaklers Aon, Jan-Oliver Thofern, zeigte sich dagegen im Gespräch mit Reuters optimistisch, dass sich die zusätzlichen Kapazitäten mobilisieren ließen, notfalls am Kapitalmarkt. Er sei aber gegen eine Pflichtversicherung, da sich fast alle Hausbesitzer schon jetzt versichern könnten. "Es gibt einen funktionierenden Markt."
Die Ministerpräsidenten der 16 Bundesländer wollen unter dem Eindruck sich häufender Hochwasser- und Starkregen-Katastrophen alle Hausbesitzer zwingen, sich gegen diese Schäden abzusichern. Der Branchenverband GDV und das Bundesjustizministerium sind dagegen und wollen die Versicherungsquote von derzeit nur gut 50 Prozent mit milderen Mitteln erhöhen - etwa mit einer "Opt-out"-Lösung, bei der die Kunden den obligatorischen Schutz bewusst abwählen müssen. Der GDV hält zumindest flankierende Maßnahmen beim Bau und der Absicherung von Gebäuden für nötig, bevor die Versicherungsbranche für alle Schäden haften könne. Bei Sturm und Hagel liegt die Quote bereits bei 95 Prozent - ohne eine Pflichtversicherung.
(Bericht von Alexander Hübner, redigiert von Olaf Brenner. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)