Nach Zyklon "Chido" - Mayotte kämpft gegen Hunger und Krankheiten

Paris/Moroni (Reuters) - Nach dem Zyklon im französischen Überseegebiet Mayotte haben die Behörden am Dienstag mit der Verteilung von dringend benötigten Lebensmitteln und Wasser an die betroffenen Einwohner begonnen.
Die Region kämpft mit den Folgen von Hunger, Krankheiten und zunehmender Unsicherheit, nachdem der verheerende Zyklon "Chido" am Wochenende große Teile des Archipels vor der ostafrikanischen Küste zerstört hat. Nach offiziellen Angaben könnten Hunderte, möglicherweise sogar Tausende Menschen ums Leben gekommen sein. Der Bürgermeister der Hauptstadt Mamoudzou, Ambdilwahedou Soumaila, erklärte am Dienstagmorgen im französischen Radio, dass bisher 22 Todesfälle und über 1400 Verletzte bestätigt wurden.
"Die Priorität heute sind Wasser und Nahrung", betonte Soumaila. "Wir haben keinen Strom. Wenn die Nacht hereinbricht, gibt es Leute, die diese Situation ausnutzen." Viele Gebiete sind weiterhin unzugänglich, und einige Opfer wurden begraben, bevor ihr Tod offiziell registriert werden konnte. Es könnte noch Tage dauern, bis das gesamte Ausmaß der Zerstörung sichtbar wird.
20 Tonnen Lebensmittel und Wasser sollen ab Dienstag per Luft und See eintreffen. Die französische Regierung erklärte, dass sie innerhalb von 48 Stunden mit der Wiederherstellung von 50 Prozent der Wasserversorgung rechnet und innerhalb einer Woche mit 95 Prozent. Angesichts der Stromausfälle und der angespannten Sicherheitslage wird nach Angaben des Innenministeriums ab Dienstag eine nächtliche Ausgangssperre zwischen 22.00 und 4.00 Uhr gelten.
Rettungskräfte suchten weiterhin in den Trümmern der Elendsviertel, die von bis zu 200 km/h starken Winden zerstört wurden, nach Überlebenden. Mayotte, das ärmste Überseegebiet Frankreichs, ist von der Katastrophe hart getroffen. Laut dem französischen Wetterdienst Meteo France ist "Chido" der stärkste Sturm, der die Insel seit über 90 Jahren heimgesucht hat. Auch die Nachbarländer Mosambik und Malawi sind betroffen: Dort starben nach Angaben der Behörden mindestens 34 beziehungsweise sieben Menschen.
Estelle Youssouffa, Abgeordnete aus Mayotte, schilderte im französischen Radio eine gespenstische Stille auf der Insel: Selbst der Gebetsruf aus den beschädigten Moscheen sei verstummt. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron kündigte nach einer Krisensitzung am Montag an, Mayotte in den kommenden Tagen persönlich zu besuchen, um sich ein Bild von der Lage zu machen.
Mayotte hatte in den letzten Jahren mit Unruhen zu kämpfen, da viele Einwohner über illegale Einwanderung und Inflation verärgert sind. Mehr als drei Viertel der rund 321.000 Einwohner leben in relativer Armut, und schätzungsweise ein Drittel sind Migranten ohne Papiere, die meisten von den nahe gelegenen Komoren und Madagaskar. Der amtierende französische Innenminister Bruno Retailleau sagte auf einer Pressekonferenz in Mayotte, das Frühwarnsystem habe "perfekt" funktioniert, doch viele Migranten ohne Papiere seien nicht in die vorgesehenen Schutzunterkünfte gegangen. Andere Beamte sagten, die Migranten hätten sich möglicherweise aus Angst vor einer Verhaftung nicht in die Notunterkünfte begeben.
(Bericht von Jean-Stephane Brosse, Makini Brice und Gabriel Stargardter in Paris, Abdou Moustoifa in Moroni, Custodio Cossa in Maputo und Frank Phiri in Blantyre, geschrieben von Patricia Weiß. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)