Arbeitslosigkeit auf höchstem Stand seit 2015 - Konjunktur bremst

Reuters · Uhr
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Nürnberg/Berlin (Reuters) - Die schwache Konjunktur in Deutschland hat die Arbeitslosigkeit auf den höchsten Stand seit 2015 getrieben.

Im Jahresdurchschnitt 2024 stieg die Zahl der Arbeitslosen um 178.000 auf 2,787 Millionen, wie die Bundesagentur für Arbeit (BA) am Freitag mitteilte. "Rückblickend hat die anhaltende Wirtschaftsflaute im Jahr 2024 zwar zunehmend tiefere Spuren auf dem Arbeitsmarkt hinterlassen", sagte BA-Chefin Andrea Nahles. "Im Kern behauptete er sich alles in allem aber weiterhin." Im Dezember verzeichnete die BA 2,807 Millionen Arbeitslose - 33.000 mehr als im November und 170.000 mehr als vor einem Jahr. Die Arbeitslosenquote stieg um 0,1 Punkte auf 6,0 Prozent. "Im Dezember beginnt die Winterpause am Arbeitsmarkt", sagte Nahles.

Für das laufende Jahr erwartet die BA einen zweigeteilten Arbeitsmarkt. Man rechne 2025 mit leicht steigenden Arbeitslosenzahlen, aber auch mit mehr Beschäftigung - wenn auch abgeschwächt zum Jobwachstum 2024 und den vergangenen Jahren, erklärte Nahles. Der Stellenzuwachs bei Dienstleistern sorgte im vorigen Jahr für den Beschäftigungsrekord von rund 46,1 Millionen Personen mit Arbeitsort in Deutschland.

Vor allem im Verarbeitenden Gewerbe aber werde der Druck auf dem Arbeitsmarkt steigen - und zwar nicht nur wegen der Konjunkturflaute, sondern auch wegen des nötigen Umbaus in vielen Branchen, sagte die BA-Chefin. Deshalb blicke man auch mit Sorge darauf, dass sich dies negativ auf den Lehrstellenmarkt niederschlagen könnte. "Konjunkturflaute und Transformationskrise werden es jungen Menschen möglicherweise nun erschweren, eine passende Ausbildungsstelle zu finden."

In den vergangenen drei Jahren war die Zahl der Arbeitslosen im Dezember nur um durchschnittlich rund 21.100 gestiegen. Um jahreszeitliche Schwankungen bereinigt kletterte die Erwerbslosenzahl nun im Monatsvergleich um 10.000. Ökonomen hatten hier mit einer Zunahme um 15.000 gerechnet. In den vergangenen Jahren habe sich die Arbeitslosigkeit auf höherem Niveau verfestigt, sagte KfW-Experte Martin Müller. Auch 2025 werde es voraussichtlich wieder einen Anstieg geben.

Das Bundesarbeitsministerium räumte ein, dass nur noch wenige Branchen ein Plus an freien Stellen meldeten. "Zugleich wollen wir Arbeitsplätze, die gefährdet sind, sichern", sagte Staatssekretär Rolf Schmachtenberg. Qualifizierung und Förderung von Weiterbildung in der Kurzarbeit seien dafür wichtig.

Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger forderte erneut eine Wende in der Arbeitsmarktpolitik. "In diesem Jahr drohen wir in Deutschland die Marke von drei Millionen Arbeitslosen zu überschreiten", sagte der Chef des Lobby-Verbands BDA und plädierte für flexiblere Wochenarbeitszeiten und mehr Netto vom Brutto. "Hohe Teilzeitquoten und teure Frühverrentungsanreize kann sich unser Land nicht leisten."

BA ERWARTET 2025 HÖHERE AUSGABEN FÜR KURZARBEIT

Die Wirtschaft ist im Sommer nur um 0,1 Prozent gewachsen und dümpelt am Rande einer Rezession. Auch zum Jahreswechsel ist kein Aufschwung in Sicht. Das Ifo-Geschäftsklima verschlechterte sich im Dezember zum sechsten Mal in sieben Monaten.

Wegen der schwächelnden Wirtschaft nimmt die Kurzarbeit zu. Im Oktober wurde laut BA für 287.000 Beschäftigte konjunkturelles Kurzarbeitergeld gezahlt, nach 225.000 im September. "Nach aktuellen Daten wurde vom 1. bis einschließlich 26. Dezember für 55.000 Personen konjunkturelle Kurzarbeit angezeigt", sagte Nahles. Dieses Jahr erwarte sie einen Anstieg. So habe man im BA-Haushalt für Kurzarbeit 2025 Ausgaben von rund 780 Millionen Euro eingeplant, nach etwa 700 Millionen Euro im vorigen Jahr. Die Zahl der Kurzarbeiter insgesamt - inklusive Saisonkurzarbeitergeld und Transferkurzarbeitergeld - lag 2024 im Jahresschnitt bei rund 320.000, nach 241.000 im Jahr 2023.

Eine schwache Nachfrage nach Mitarbeitenden signalisiert auch der BA-Stellenindex, der im Dezember bei 106 Punkten stagnierte. Einen tieferen Stand gab es zuletzt im April 2021.

(Bericht von Klaus Lauer, Mitarbeit von Rene Wagner, redigiert von Christian Götz. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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