Europa – der heimliche Gewinner
Heiko Böhmer analysiert die aktuelle Marktlage, in der positive Stimmung und wachsende Nervosität aufeinandertreffen.

Europa ist zurück – sowohl an den Börsen als auch in der Reaktion auf die rigiden Änderungen der US-Sicherheitspolitik. Für US-Verbündete bedeutet dies, wachsam zu sein, da es nicht mehr um gewachsene Verbindungen, sondern um Gehorsam gegenüber der Trump-Regierung geht. Was einst belächelt wurde, hat mit Trump neue Dimensionen erreicht.
Die EU und die neue deutsche Regierung haben den Weckruf verstanden. Milliarden fließen in die europäische Sicherheitsstruktur, und die Schuldenbremse wird gelockert. Gleichzeitig sollen Infrastrukturprojekte durch Sondervermögen finanziert werden. Nach der Wahl stehen nun Investitionen und aktives Handeln im Fokus. Die Koalitionsgespräche profitieren von den neuen finanziellen Spielräumen.
Zwei zentrale Entwicklungen zeichnen sich ab: Erstens hat Deutschland mit schuldenfinanzierten Investitionen die Chance auf Wachstum. Zweitens muss Europa seine Sicherheitsarchitektur umsetzen – idealerweise mit europäischen Unternehmen. Eine langfristige Strategie tritt in den Vordergrund, doch es fehlt an Ehrlichkeit gegenüber den Bürgern. Die wachsenden Schulden belasten künftige Generationen, und die Politik sollte dies offen kommunizieren.
Europa geht an den Börsen voran
An den Börsen zeigt sich Europa stark: Der EuroStoxx50 legte seit Jahresbeginn um über zehn Prozent zu, während die US-Technologiebörsen leicht im Minus liegen. Die Trump-Euphorie an den Börsen ist verflogen, und viele Indizes notieren wieder auf dem Niveau der US-Wahl. Der Hype um Werte wie Tesla erwies sich als nicht nachhaltig.
Im Ausblick 2025 schrieb ich von größeren Risiken und einer zu erwartenden höheren Volatilität in diesem Jahr. Genauso ist es bislang gekommen. Gleichzeitig haben wir schon im vergangenen Jahr die Chancen auf dem europäischen Aktienmarkt gesehen und auch aus der deutlichen Unterbewertung vieler Unternehmen den Europa-Anteil in unseren Mandaten deutlich erhöht.
Mit dieser Ausrichtung fühlen wir uns wohl, denn sicherlich sind die USA weiterhin der größte Kapitalmarkt der Welt. Doch die Musik an der Wall Street ist doch in den vergangenen Wochen etwas leiser geworden und es hat sich so mancher Misston mit eingeschlichen.
Fakt ist: Die Trump-Euphorie an den Börsen ist zuletzt komplett verflogen. Viele Indizes notieren jetzt wieder auf dem Niveau der US-Wahl im November. Der folgende Hype um Werte wie Tesla hat sich als nicht nachhaltig erwiesen.
Europa ist gezwungen zu handeln und grundlegende Dinge neu zu regeln. Das kann auch die EU voranbringen. In Krisenzeiten treten kleinstaatliche Überlegungen im Normalfall in den Hintergrund. Es bleibt spannend, ob sich diese Erkenntnis sowohl in Berlin als auch in Brüssel durchsetzt. Neben den Risiken einer weiteren Eskalation bietet die Neuorientierung aber auch Chancen – speziell an den Finanzmärkten.