Insider: Direkte Gespräche zwischen Syrien und Israel

- von Timour Azhari und Suleiman Al-Khalidi
Damaskus (Reuters) - Israel und Syrien stehen Insidern zufolge in direktem Kontakt, um die Spannungen abzubauen und einen Konflikt in der gemeinsamen Grenzregion zu verhindern.
In den vergangenen Wochen habe es deshalb persönliche Treffen von Vertretern der beiden seit vielen Jahren verfeindeten Staaten gegeben, sagten fünf mit der Angelegenheit vertraute Personen. Die Kontakte deuten demnach auf eine wichtige Entwicklung in den Beziehungen zwischen den beiden Staaten hin, die seit Jahrzehnten auf entgegengesetzten Seiten im Nahost-Konflikt stehen. So ermutigten die USA zum einen die neuen islamistischen Machthaber in Damaskus, Beziehungen zu Israel aufzunehmen. Und zum anderen verringerte Israel seine Bombardierung von Zielen in Syrien.
Israel und Syrien bauen zudem auf inoffizielle Gespräche über Mittelsmänner auf. Diese fänden statt, seit die islamistische Rebellenorganisation Hajat Tahrir al-Scham im Dezember den syrischen Machthaber Baschar al-Assad gestürzt habe, erklärten zwei syrische und zwei westliche Insider sowie ein mit der Angelegenheit vertrauter Informant aus einem regionalen Geheimdienst.
Auf syrischer Seite wurden die Kontakte demnach von Ahmad al-Dalati geleitet. Er wurde nach Assads Sturz zum Gouverneur der Provinz Kuneitra ernannt, die an die von Israel besetzten Golanhöhen grenzt. Anfang dieser Woche wurde Dalati auch mit der Verantwortung für die Sicherheit in der südlichen Provinz Sweida betraut, der Heimat der Drusen, einer Minderheit in Syrien. Reuters konnte nicht feststellen, wer auf israelischer Seite beteiligt war.
Drei Insider sagten, es habe mehrere persönliche Treffen in der Grenzregion gegeben, darunter auch in von Israel kontrolliertem Gebiet. Das israelische Außenministerium und Vertreter Syriens reagierten nicht sofort auf Bitten um Stellungnahmen. Anfang des Monats jedoch bestätigte der syrische Interimspräsident Ahmed al-Scharaa indirekte Gespräche mit Israel, die einer Verringerung der Spannungen dienten.
TRUMP STELLT SYRIEN-POLITIK DER USA AUF DEN KOPF
Israel hält die syrischen Golanhöhen seit dem arabisch-israelischen Krieg 1967 besetzt und hat nach Assads Sturz weitere Gebiete unter seine Kontrolle gebracht. Als Grund dafür wurden Bedenken wegen der extremistischen Vergangenheit der neuen syrischen Machthaber genannt. Israels Luftwaffe flog eine Reihe von Angriffen, die große Teile der militärischen Infrastruktur Syriens zerstörten.
US-Präsident Donald Trump stellte durch ein Treffen mit Scharaa am 14. Mai in Riad die jahrzehntelange Syrien-Politik der USA auf den Kopf. Zugleich signalisierten die USA der rechtsnationalistischen israelischen Regierung, dass sie sich um eine Einigung mit Scharaa bemühen sollte. Der Geheimdienst-Insider beschrieb Trumps Treffen mit Scharaa als zentralen Teil einer Neuausrichtung der US-Politik. Sie durchkreuze Israels Strategie, die Unruhe in Syrien nach Assads Sturz auszunutzen.
Die relative Ruhe im Mai hat auch zu einer Verringerung der Spannungen rund um Sweida geführt. Dort hatte es im April tagelang gewaltsame Zusammenstöße zwischen bewaffneten drusischen Gruppen, von denen einige die Unterstützung Israels genießen, und sunnitischen Kämpfern gegeben. Inmitten dieser Gewalt hatte Israel eine Reihe von Luftangriffen gestartet.
Während sich die direkten Gespräche derzeit auf die gemeinsame Sicherheit konzentrieren, könnten sie zwei Insidern zufolge auch dazu beitragen, den Weg für ein breiteres politisches Verständnis zu ebnen. "Im Moment geht es ihnen um Frieden, also um die Abwesenheit von Krieg, und nicht um Normalisierung."
Nach seinem Treffen mit Scharaa deutete Trump an, dass der syrische Präsident bereit sei, die Beziehungen zu Israel zu normalisieren. Trump fügte jedoch hinzu, dass dies einige Zeit dauern würde. Scharaa hat dies nicht kommentiert. Stattdessen sagte er, er unterstütze eine Rückkehr zu den Bedingungen des Waffenstillstandsabkommens von 1974, das eine UN-Pufferzone auf den Golanhöhen schuf.
Die neuen Machthaber in Syrien haben wiederholt versucht zu zeigen, dass sie keine Bedrohung für Israel darstellen. Sie trafen sich mit Vertretern der jüdischen Gemeinde in Damaskus und im Ausland. Außerdem nahmen sie zwei ranghohe Mitglieder des Islamischen Dschihads fest, der am 7. Oktober 2023 an dem von der Hamas geführten Angriff auf Israel beteiligt war, der wiederum zum Krieg im Gazastreifen führte. In einem Brief, den das syrische Außenministerium im vergangenen Monat an das US-Außenministerium schickte und der Reuters vorliegt, heißt es: "Wir werden nicht zulassen, dass Syrien für irgendeine Partei, einschließlich Israel, zu einer Bedrohung wird."
(Bearbeitet von Sabine Ehrhardt, redigiert von Kerstin Dörr. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte)