IAEA: Iran verstößt gegen Pflicht zur Nichtverbreitung von Atomwaffen

Dubai/Wien (Reuters) - Die Internationale Atomenergie-Organisation (IAEA) hat dem Iran vorgeworfen, seine Verpflichtung zur Nichtverbreitung von Atomwaffen zu verletzen.
Die Führung in Teheran kündigte am Donnerstag umgehend Gegenmaßnahmen wie den Neubau einer Anlage zur Urananreicherung an. Inmitten der Spannungen zwischen dem Iran und den USA sowie Israel zog die Führung in Teheran Staatsmedien zufolge ein Militärmanöver vor; der Fokus liege auf "Bewegungen des Feindes". Ein ranghoher Vertreter der Islamischen Republik sagte, ein "befreundetes Land" habe vor einem möglichen israelischen Angriff gewarnt. Tatsächlich hat Israel erklärt, der Iran dürfe nie in den Besitz von Atomwaffen kommen und ein militärisches Eingreifen nicht ausgeschlossen. US-Präsident Donald Trump drohte dem Iran mit Bombardierung, sollte er sein Atomprogramm nicht beschränken. Die USA und der Iran planen für Sonntag Gespräche über ein neues Atomabkommen. Hauptstreitpunkt ist die Urananreicherung. Ab einer bestimmten Reinheit kann das Material auch für Atomwaffen verwendet werden.
Der Gouverneursrat der UN-Behörde IAEA erklärte erstmals seit fast zwanzig Jahren den Iran für schuldig, seine Verpflichtungen zur Nichtverbreitung von Atomwaffen verletzt zu haben. Damit besteht die Möglichkeit, den Vorfall dem UN-Sicherheitsrat zu melden. Der Rat der aus 35 Nationen bestehenden UN-Behörde verabschiedete eine entsprechende Resolution. In dem von Reuters eingesehenen Text heißt es, der Rat stelle fest, "dass die zahlreichen Versäumnisse des Irans, seinen Verpflichtungen seit 2019 nachzukommen und mit der Organisation in Bezug auf nicht deklariertes Nuklearmaterial und Aktivitäten an mehreren nicht deklarierten Standorten im Iran uneingeschränkt und rechtzeitig zu kooperieren ... eine Nichteinhaltung seiner Verpflichtungen aus dem Sicherungsabkommen mit der Organisation darstellen".
IRAN: IAEA-RESOLUTION OHNE GRUNDLAGE
Das staatliche iranische Fernsehen berichtete, die Führung in Teheran verurteile die IAEA-Resolution. Dies sei eine "politische Entscheidung ohne technische oder rechtliche Grundlage". Der Iran habe sich stets an seine Verpflichtungen gegenüber der IAEA gehalten. Nun habe man keine andere Wahl, als auf die "politische Resolution" der IAEA zu reagieren. Es werde eine neue Anlage zur Anreicherung von Uran eröffnet. Außerdem würden die Zentrifugen in der Atomanlage Fordow modernisiert.
Der ranghohe Vertreter des Irans bekräftigte, die Islamische Republik werde nicht auf die Urananreicherung verzichten. "Wir wollen keine Spannungen und bevorzugen zur Lösung der Frage den diplomatischen Weg, aber unsere Streitkräfte sind voll und ganz bereit, auf jeden Militärschlag zu reagieren." Zudem drohte Hossein Salami, der Kommandeur der mächtigen Revolutionsgarden, Israel für den Fall eines Angriffes mit massiver Vergeltung. Die Führung in Teheran würde dann "energischer und zerstörerischer" reagieren als bei früheren Angriffen. Im vergangenen Jahr kam es zwischen Israel und dem Iran zweimal zu Angriffen - den ersten direkten zwischen den erbittertsten Feinden in der Region.
SECHSTE GESPRÄCHSRUNDE ZWISCHEN USA UND IRAN AM SONNTAG
All dies dürfte die vom Oman vermittelten Gespräche zwischen dem Iran und den USA über eine neue Atomvereinbarung erschweren, die eine Beschränkung der iranischen Atomaktivitäten zum Ziel hat. Die sechste Runde soll am Sonntag in Maskat stattfinden, der Hauptstadt des Omans. Aus dem internationalen Atomabkommen von 2015 zwischen dem Iran, den USA, Russland, China, Großbritannien, Frankreich und Deutschland waren die USA 2018 in Trumps erster Präsidentschaft ausgestiegen. Die damals wieder verhängten US-Sanktionen sollen nach dem Wunsch der iranischen Führung aufgehoben werden. Westliche Staaten werfen dem Iran vor, insgeheim nach Atomwaffen zu streben. Der Iran hat dies immer wieder zurückgewiesen und erklärt, das Atomprogramm diene der Energiegewinnung und damit zivilen Zwecken.
Inmitten der Spannungen hat Trump unlängst angekündigt, es werde Personal der US-Botschaften im Nahen Osten abgezogen. Am Donnerstag schränkten die USA die Reisefreiheit ihrer Regierungsbeschäftigten in Israel drastisch ein. Zudem warnten die USA ihre Staatsbürger vor Reisen in den Irak, der mit dem Iran eine rund 1500 Kilometer lange Grenze teilt.
(Bericht von Parisa Hafezi, Francois Murphy, geschrieben von Sabine Ehrhardt, redigiert von Christian Götz. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte)