G7 verzichtet für "Signal der Einigkeit" auf breite Gipfelerklärung

Berlin (Reuters) - Der G7-Gipfel in Kanada soll nach Einschätzung der Bundesregierung vor allem ein Signal der Einigkeit der führenden westlichen Industriestaaten aussenden. Weil diese Einigkeit in einigen Fragen aber wegen der Teilnahme von US-Präsident Donald Trump nicht bestehe, wolle die kanadische G7-Präsidentschaft statt einer breiten Gipfel-Erklärung lieber mehrere Texte zu Themen verabschieden, in denen alle G7-Staaten einer Meinung seien. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj soll am Dienstag an dem Gipfel teilnehmen - es soll aber keine gemeinsame Erklärung zur Ukraine geben. "Das Wichtigste ist, dass wir es schaffen, als G7 ein Signal der Einigkeit zu senden", sagte ein Regierungsvertreter.
Die Staats- und Regierungschefs der USA, Kanadas, Italiens, Frankreichs, Großbritannien, Japans und Deutschlands treffen sich vom 15. bis 17. Juni im kanadischen Kananaskis. Gastgeber Mark Carney will den Gipfel nach Angaben deutscher Regierungsvertreter mit einer Diskussion über die Weltwirtschaft starten. Dabei sollen sowohl Trump als auch Kanzler Friedrich Merz reden. Anders als bei früheren G7-Gipfeln wird es wegen der von Trump vom Zaun gebrochenen Zollkonflikte aber keine Gipfelerklärung etwa zum freien Welthandel geben. Dafür solle es aber eine Erklärung zur Bedeutung der Liefersicherheit von kritischen Rohstoffen geben.
Bei dem Ukraine-Thema gehe es unter anderem darum, die USA bei einem Verhandlungsprozess zwischen Russland und der Ukraine engagiert zu halten, sagte ein deutscher Regierungsvertreter. Bei dem Thema Sanktionen wolle man sich "ein kleines bisschen in die richtige Richtung" bewegen, fügte er mit Blick auf den von der EU geforderten größeren Druck auf Russland hinzu. Die EU habe mit einem 18. Sanktionspaket gegen Russland vorgelegt. Man werde sehen, inwieweit die USA und die Europäer in dieselbe Richtung marschieren. Der US-Kongress werde wohl nicht mehr vor dem G7-Gipfel ein neues Sanktionspaket verabschieden.
Ein Thema wird dabei das von der EU im 18. Sanktionspaket anvisierte Senkung des Preisdeckels für russisches Öl sein. "Es gibt Bestrebungen unter den europäischen Ländern, die Obergrenze für den Ölpreis von 60 Dollar auf 45 Dollar zu senken. Es gibt positive Signale aus Kanada, Großbritannien und möglicherweise auch aus Japan", sagte ein Insider. Es gilt aber als unsicher, ob auch Trump diesen Weg mitgehen wird. Am zweiten Gipfeltag sind etwa auch die Staats- und Regierungschefs von Indien, Brasilien und Südafrika eingeladen.
Besonders schwierig sei die Frage der fortgesetzten militärischen Unterstützung der USA für die Ukraine, hieß es in Berlin. "Wenn wir da den Status quo halten, dass die Amerikaner bestimmte sehr wesentliche Leistungen an die Ukraine fortsetzen, sind wir gut", sagte ein deutscher Regierungsvertreter mit Blick etwa auf die für die ukrainische Armee wichtige Informationsweitergabe durch die US-Geheimdienste. Hintergrund ist, dass Trump sich mehrfach kritisch zu Militärhilfe an die Ukraine geäußert hatte. "Der G7-Gipfel hat beim Thema Ukraine Etappencharakter", sagte ein Regierungsvertreter in Berlin und verwies auch auf den Nato-Gipfel eine Woche später.
Die kanadische G7-Präsidentschaft plane des weiteren Abschlusserklärungen zu Themen wie künstliche Intelligenz, zur Quantentechnologie und zu Waldbränden, hieß es in Berlin. Über dieses auch die USA betreffende Thema wolle die kanadische Regierung den Klima- und Umweltschutz auf die G7-Agenda bringen. Trump sieht dieses Thema kritisch.
(Bericht von Andreas Rinke; redigiert von .Christian Rüttger Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)