Japans Zentralbank hält still: "Große Unsicherheit über Handelspolitik"

Tokio (Reuters) - Angesichts des weiter schwelenden internationalen Zollkonflikts hält Japans Notenbank ihr Pulver trocken.
Sie entschied am Dienstag, die kurzfristigen Zinssätze bei 0,5 Prozent zu belassen. "Derzeit herrscht äußerst große Unsicherheit über die Handelspolitik jedes einzelnen Landes", sagte Zentralbankchef Kazuo Ueda. Daher bestehe ein größeres Abwärtsrisiko sowohl für die japanische Wirtschaft als auch für die Preise. Die Bank of Japan (BoJ) kündigte überdies an, das Tempo der Reduzierung ihrer Anleihekäufe im kommenden Haushaltsjahr zu verlangsamen. Dies signalisiert einen vorsichtigen Ansatz beim Abbau ihrer jahrzehntelangen geldpolitischen Stimulierungsmaßnahmen.
Die Entscheidung fiel vor dem Hintergrund eskalierender Spannungen im Nahen Osten und des von den USA losgetretenen Handelskonflikts. Diese Faktoren erschweren die Bemühungen der BoJ, die noch niedrigen Zinssätze anzuheben und eine Bilanz zu verkleinern, die inzwischen etwa die Größe der japanischen Wirtschaft erreicht hat.
Der Zentralbankbeschluss ist ein Zeichen dafür, dass die BoJ nach dem Anstieg der Renditen sehr langlaufender Staatsanleihen im vergangenen Monat besorgt ist, dass es zu Marktstörungen kommen könnte. Notenbankchef Ueda sprach von einer vorbeugenden Maßnahme gegen Unsicherheiten am Anleihenmarkt.
Derzeit reduziert die Zentralbank ihre Anleihenkäufe um 400 Milliarden Yen pro Quartal, womit das monatliche Ankaufvolumen auf rund drei Billionen Yen (rund 2,38 Milliarden Euro) im März 2026 sinken wird. Mit dem aktuellen Beschluss wird die BoJ jedoch den vierteljährliche Kürzungsumfang ab dem Haushaltsjahr 2026 halbieren, sodass die monatlichen Käufe bis März 2027 auf rund zwei Billionen Yen sinken werden.
"Sollten die langfristigen Zinssätze rasch steigen, wird die BoJ flexibel reagieren, etwa durch eine Ausweitung ihrer Anleihekäufe", erklärte die Zentralbank. "Ein laufendes Anleihen-Kaufprogramm lässt sich im Notfall leichter wiederaufstocken als ein beendetes reaktivieren", erläuterte LBBW-Ökonom Matthias Krieger. Mit Blick auf die hohe Staatsverschuldung, die daraus resultierende Zinsbelastung für den Staat und die "anämische Konjunktur" werde die BoJ einem allzu weit reichenden Renditeanstieg nicht tatenlos zusehen, meint der Experte.
TENDENZ ZU HÖHEREM LEITZINS?
Die Zentralbank in Tokio begann voriges Jahr, ihre massiven Anleihekäufe zurückzufahren. Sie hat die Zinsen zuletzt im Januar erhöht. Die Währungshüter gingen dabei davon aus, dass sie Fortschritte auf dem Weg zum dauerhaften Erreichen ihres Inflationsziels von zwei Prozent machen. Die Kerninflation in Japan übertraf im April mit 3,5 Prozent das Ziel der BoJ von zwei Prozent deutlich. Ein Grund dafür war ein Anstieg der Nahrungsmittelpreise um 7,0 Prozent.
"Die Notenbank ließ allerdings durchscheinen, dass man mit Blick auf die noch immer deutlich über dem Zielwert von zwei Prozent liegende Inflationsrate dennoch zu einem höheren Leitzins tendiere - sobald mehr Klarheit im Zollstreit bestehe", sagte LBBW-Experte Krieger. Auch die aktuelle Schwäche des Yen zum Euro und auch gegenüber dem Dollar sprechen aus Sicht des Ökonomen für einen weiteren Zinsschritt nach oben.
(Bericht von Leika Kihara und Makiko Yamazaki, geschrieben von Reinhard Becker. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)