Aktienmarkt: FED hat „Bazooka“ abgefeuert ++ Wirecard: Sonderprüfung ergibt „keinen Korrekturbedarf“ in den Büchern ++ RTL: Rekordumsatz und Angriff auf Streaming-Sektor

onvista · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Nach dem panikartigen Ausverkauf am deutschen Aktienmarkt in dieser Woche dürfte der Dax am Freitag eine Stabilisierung wagen. Die Coronavirus-Krise jedoch hält die Welt weiter fest im Griff. Allerorten wird versucht, die rasche Ausbreitung des neuartigen Virus zu verhindern.

Für den Dax endet an diesem Freitag den 13. eine der wohl turbulentesten Wochen in seiner Geschichte, die aktuell einen Wochenverlust von rund einem Fünftel erwarten lässt. Am vergangenen „Schwarzen Montag“ war es für das Börsenbarometer angesichts der Virusängste und eines Ölpreisschocks bereits um fast 8 Prozent abwärts gegangen. Am Donnerstag brach es dann trotz eines umfangreichen Hilfspakets der Europäischen Zentralbank um mehr als 12 Prozent ein und schloss damit erstmals seit 2016 wieder unter der psychologisch wichtigen Marke von 10.000 Zählern.

Es war für den Dax außerdem der zweitgrößte prozentuale Tagesverlust seiner mehr als 30 Jahre alten Geschichte. Seit dem Beginn des Corona-Crashes am 24. Februar büßte er damit rund ein Drittel seines Werts ein.

Durch Einschränkungen wie Grenzschließungen, Reisebeschränkungen oder Absagen von Großveranstaltungen seien nun massive Nachfrageausfälle zu befürchten, sagte Helaba-Analyst Christian Schmidt. „Mit dem Anstieg der Rezessionssorgen wird zunehmend an der Kreditwürdigkeit vieler Unternehmen gezweifelt.“

An den US-Märkten ist gestern ebenfalls die Hölle ausgebrochen, der Dow Jones verlor am Ende knapp 10 Prozent, trotz einer massiven Intervention der FED. Die US-Notenbank will insgesamt 1,5 Billionen Dollar an Liquidität via Repo-Geschäfte zur Verfügung stellen, um die Märkte zu stabilisieren.

FED will 1,5 Billionen Dollar Liquidität in die Märkte pumpen - Heilmittel oder nur Strohfeuer?

Paul Ashworth, US-Chefökonom vom Analysehaus Capital Economics, stellte die Schritte auf eine ähnliche Stufe wie frühere Runden quantitativer Lockerungen, also breitangelegter Anleihekäufe zur Konjunkturstimulierung. Die New Yorker Fed habe ihre „Bazooka“ abgefeuert, sagte der Ökonom mit Blick auf die erwartete Wirkungskraft der Maßnahmen. Er stellte vor allem auf die hohen Geldspritzen von jeweils einer halben Billion Dollar ab. Sollten die Banken die komplette Liquidität aufnehmen, steige die Bilanzsumme der Fed auf einen Rekordwert von mehr als fünf Billionen Dollar, sagte Ashworth.

Wirecard atmet auf

Im Fokus am deutschen Markt könnten aktuell auch wieder Einzelwerte stehen. So sieht der Zahlungsabwickler Wirecard die Sonderprüfung seiner Bücher mit Blick auf das Singapur-Geschäft als „weitestgehend abgeschlossen“ an. Dabei hätten sich „aus heutiger Sicht keine substanziellen Feststellungen ergeben, die für die Jahresabschlüsse im Untersuchungszeitraum 2016, 2017 und 2018 zu Korrekturbedarf führen würden“, teilte Wirecard am Donnerstagabend mit. Ein anderer Teil der Untersuchung liefe jedoch noch. Dabei geht es um die Einsicht in das Drittpartnergeschäft. Wirecard informierte zudem, die Veröffentlichung des Jahresabschlusses 2019 vom 8. auf den 30. April zu verschieben. Auf Tradegate schoss die Aktie bereits um 10 Prozent hoch, hatte allerdings tags zuvor auch fast 18 Prozent eingebüßt. Abgeschlossen werde die Prüfung der Experten von KPMG voraussichtlich am 22. April 2020. Mit der Prüfung will das Unternehmen die Turbulenzen wegen ständigen Vorwürfen um Bilanzierungsunregelmäßigkeiten endlich ausmerzen.

Kurz und knapp:

Fraport: Fraport veröffentlichte seine Jahresbilanz und gab einen Ausblick auf 2020. Wegen der Flugstreichungen infolge der Coronavirus-Krise stellt sich der Frankfurter Flughafenbetreiber auf einen deutlichen Gewinnrückgang ein. Eine konkrete Prognose sei jedoch noch nicht möglich, hieß es. Nachdem Fraport allerdings bereits am Vortag seine Verkehrszahlen für Februar und Aussagen zum März gemacht hatte, dürften die negativen Nachrichten nach dem Kurssturz am Donnerstag von rund 12 Prozent eingepreist sein, sagte ein Händler.

RTL: Der europäische TV-Konzern RTL Group hat 2019 einen Rekordumsatz erzielt, wegen Investitionen in Streamingdienste aber einen leichten Gewinnrückgang verbucht. Die Erlöse stiegen um 2,2 Prozent auf 6,6 Milliarden Euro und das bereinigte Ergebnis (Ebita) fiel um rund 1,3 Prozent auf 1,16 Milliarden Euro, wie das Unternehmen am Freitag mitteilte. Für 2020 wirft bereits die Coronavirus-Krise ihre Schatten voraus. Die Auswirkungen der Epidemie auf das eigene Geschäft könne man zwar noch nicht konkret abschätzen. „Die RTL Group registriert allerdings die ersten Stornierungen für Werbebuchungen und Auswirkungen auf Produktionen.“ Bisher peilt RTL für 2020 ein organisches Umsatzplus von zwei bis drei Prozent an und nimmt für Investitionen in das Streaminggeschäft einen Gewinnrückgang von bis zu sieben Prozent in Kauf. In den nächsten fünf Jahren will RTL die Summe der zahlenden Abonnenten der Streamingdienste TV Now in Deutschland und Videoland in den Niederlanden auf fünf bis sieben Millionen und damit den Streamingumsatz auf mindestens 500 Millionen Euro erhöhen, sagte RTL-Chef Thomas Rabe. Bis auf weiteres werde man hier allerdings noch rote Zahlen schreiben. „Den Break-even von TV Now und Videoland erwarten wir für das Jahr 2025.“ Im vergangenen Jahr gab es 1,44 Millionen zahlende Abonnenten bei TV Now und Videoland – und damit 37 Prozent mehr als im Jahr davor.

Nordex: Nordex meldete einen Großauftrag aus Schweden. An den Windpark-Entwickler Ox2 sollen zwölf Turbinen geliefert werden.

Generali: Der italienische Versicherer Generali hat 2019 auch dank des Verkaufs mehrerer Sparten einen deutlichen Gewinnsprung hingelegt. Unter dem Strich stand ein Überschuss von fast 2,7 Milliarden Euro und damit knapp 16 Prozent mehr als ein Jahr zuvor, wie der Allianz-Rivale am Freitag im norditalienischen Triest mitteilte. Der operative Gewinn erreichte mit 5,2 Milliarden Euro den höchsten Wert der Unternehmensgeschichte. Sowohl das Schaden- und Unfallgeschäft als auch die Lebensversicherung und die Vermögensverwaltung warfen mehr ab. Die Aktionäre sollen eine um 6 auf 96 Cent erhöhte Dividende erhalten.

Slack: Der Büro-Chatdienst  hat die Anleger mit seiner Prognose für das anstehende Geschäft so stark enttäuscht, dass die Firma zeitweise ein Fünftel ihres Werts verlor. Die Aktie brach im nachbörslichen US-Handel am Donnerstag um 20 Prozent ein. Slack hatte mit dem Zahlen für das Ende Januar abgeschlossene vergangene Geschäftsquartal zwar die Schätzungen der Analysten übertroffen, aber mit der Umsatzprognose für das laufende Vierteljahr die Erwartungen verfehlt. Dabei wurde Slack zu den potenziellen Profiteuren der Coronavirus-Krise gezählt, da Unternehmen mehr Mitarbeiter von zuhause aus arbeiten lassen und auf Dienstreisen verzichten. Unter anderem Videokonferenz-Dienste wie Zoom verzeichnen dadurch einen Nachfrageschub.

onvista/dpa-AFX

Titelfoto: Anton Garin / Shutterstock.com

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