DAX: Wirecard gibt gleich den Ton an – kehrt die Commerzbank bald wieder zurück?

onvista · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Ab dem heutigen Tag sind die bereits bekanntgegeben Änderungen in der DAX-Familie gültig. Im deutschen Leitindex ist damit zum ersten Mal die Aktie von Wirecard gelistet. Das Wertpapier des Bezahldienst-Spezialisten setzt sich direkt am ersten Tag in der höchsten deutschen Börsenliga an die Spitze.

Das die Aktie von Wirecard heute über 1 Prozent im Plus liegt und sich damit gegen den Trend im DAX stemmt, ist allerdings keiner neuen Nachricht geschuldet, sondern wohl eher der Tatsache, dass die ganzen Index-Fonds auf den DAX heute bei der Aktie zugreifen müssen.

Im Vorfeld der Index-Änderungen schwächelte die Aktie von Wirecard etwas. Nachdem der Kurs Anfang September ein neues All-Time-High über 195 Euro markiert hatte, gab das Wertpapier um fast 10 Prozent nach. Stellt sich die Frage, ob der Aufstieg in den DAX für Anleger, die bisher noch nicht zugegriffen haben, eine Chance ist?

Goldman Sachs geht davon aus

Die US-Investmentbank erwartet vom Zahlungsabwickler weiterhin ein hohes Wachstum. Analyst Mohammed Moawalla traut der Aktie trotz der seit Jahren anhaltenden Rally entsprechend einen weiteren starken Kursanstieg zu. In einer Mitte September erstellten Studie erhöhte der Goldman-Sachs-Analyst sein Kursziel von 200 auf 250 Euro und beließ sie auf der „Conviction Buy“-Empfehlungsliste.

Marktkapitalisierung bald über 30 Milliarden

In diesem Jahr hat Wirecard ja schon einige DAX-Dinos in Sachen Marktkapitalisierung überholt. Sollte die Aktie wirklich Richtung 250 Euro marschieren, dann würde die Liste noch ein Stück länger, da Wirecard in diesem Fall an der Börse mehr als 30 Milliarden Euro wert wäre. Zum Vergleich: Aktuell sind es rund 22 Milliarden, Ende 2017 waren es 11,5 Milliarden Euro und Ende 2016 nur rund fünf Milliarden Euro. Das ist schon eine steile Karriere.

Feiert die Commerzbank bald ihr Comeback im DAX?

Aus eigener Kraft dürfte das zweitgrößte deutsche Finanzinstitut sicherlich nicht so schnell wieder in den DAX zurückkehren. Allerdings könnte das Comeback in der ersten Börsenliga mit Schützenhilfe der Deutschen Bank näher rücken.

Spekulationen reißen nicht ab

Auch am Wochenende gab es neue Zutaten für die Gerüchteküche. Offenbar ist die Bundesregierung laut Kreisen einem Zusammengehen der Deutsche Bank und der Commerzbank nicht abgeneigt. Ein fusioniertes Institut könne die exportorientierte deutsche Wirtschaft verlässlich finanzieren, berichtete die Nachrichtenagentur Bloomberg am Freitag unter Berufung auf in die Gespräche eingeweihte Personen.

Die Bundesregierung neige derzeit zu einem solchen Ansatz, weil ein fusioniertes Kreditinstitut die heimischen Firmen auch in einer Krise besser mit Geldmitteln versorgen könne.

Europa braucht große Banken

Der Chef der italienischen Großbank Unicredit, Jean-Pierre Mustier, forderte Ende vergangener Woche auf einer Finanzkonferenz in Paris starke europäische Banken. „Europa wird erfolgreich sein, wenn wir größere Banken haben, die effizienter sind.“ Speziell in Deutschland bestehe seiner Ansicht nach das Problem, dass es keine Banken gebe, die groß und stark genug seien, um den Bedarf des Marktes zu erfüllen.

Passen Deutsche Bank und Commerzbank überhaupt zusammen?

Ein wesentliches Argument gegen eine Übernahme oder Fusion ist sicherlich, dass beide Finanzinstitute mit sich selbst noch genug zu tun haben. Zudem dürften die Wettbewerbshüter auch nicht gerade in Jubelstimmung ausbrechen, wenn sich die beiden größten Geldhäuser Deutschlands zusammenschließen. Als 2016 die ersten Flirts zwischen Deutsche Bank und Commerzbank aufkamen, gab Bafin-Präsident Felix Hufeld folgendes zu bedenken: Fusionen könnten zwar durchaus helfen, Kosten zu senken – „ein Allheilmittel sind sie aber nicht“. Hufeld betonte zudem: „Außerdem wird aus zwei schwachen Instituten nicht automatisch ein starkes.“

Kosteneinsparungen und Marktstellung sprechen dafür

Das Analysehaus RBC beziffert die möglichen Einsparungen auf 2,1 Milliarden Euro. Zwar haben beide Konzerne in den vergangenen Jahren kräftig Personal abgebaut. Aber eine Fusion würde sicher an den Zentralen und dem Filialnetz nicht spurlos vorübergehen. 30 Millionen Privatkunden sind auch ein Pfund, dass die Schlagkraft einer neuen großen „Deutschen-Commerz-Bank“ deutlich erhöhen würden. Zudem würde der Bund, der um die 15 Prozent an der Commerzbank hält, einem solchen Zusammenschluss wohl keine Steine in den Weg legen.

Insgesamt stehen die Chancen gar nicht mal so schlecht, dass die Commerzbank über das Hintertürchen Deutsche Bank wieder in den DAX zurückkehrt.

Von Markus Weingran

Foto: anathomy / Shutterstock.com

Neueste exklusive Artikel