Deutsche Politiker weisen Polens Kritik an Wahl-Einmischung zurück

Reuters · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Berlin (Reuters) - Deutsche Europapolitiker haben die Vorwürfe der polnischen Regierung über eine Einmischung in den Präsidentschaftswahlkampf scharf zurückgewiesen.

"Die Paranoia im polnischen PiS-Regierungslager führt zur altbekannten Reaktion: Anti-deutsche Tiraden sollen einen ihrer Politiker vor einer möglichen Wahlniederlage schützen", sagte der stellvertretende FDP-Fraktionschef Alexander Graf Lambsdorff der Nachrichtenagentur Reuters am Donnerstag. Die Einbestellung des deutschen Gesandten ins Außenministerium am Mittwoch diene nur dazu, "der Bevölkerung die Fake News vom angeblichen deutschen Einfluss auf die Wahl plausibel erscheinen zu lassen", sagte er mit Blick auf die Stichwahl am Sonntag. Das deutsche Außenministerium hatte die Einbestellung bestätigt, wollte den Vorgang aber nicht kommentieren. Die Bundesregierung hatte aber die Bedeutung der Pressefreiheit betont.

In der Stichwahl tritt der von der nationalistisch-konservativen Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) unterstützte polnische Präsident Andrzej Duda gegen seinen liberalen Herausforderer Rafal Trzaskowski an. Zuletzt hatte Duda einer polnischen Zeitung des Axel-Springer-Verlags und Deutschland Einmischung in die Wahl vorgeworfen.

Auch die Grünen-Europapolitikerin Franziska Brantner äußerte Kritik. "In Deutschland gilt wie auch in der ganzen EU, also auch in Polen, die Pressefreiheit. Diese europäischen Grundrechte sollten alle Mitglieder respektieren", sagte die europapolitische Grünen-Sprecherin zu Reuters. Es sei wichtig, wenn über die Verfolgung von Minderheiten in Polen, die umstrittenen Justizgesetze "und damit die Einschränkung von Grundrechten der EU" berichtet werde. Der europapolitische Sprecher der Union, Florian Hahn, reagierte zurückhaltender. "Mich irritiert die Entwicklung", sagte er zu Reuters. Er wolle die Vorgänge aber vor der Präsidentenwahl nicht kommentieren.

Der FDP-Politiker Lambsdorff warf dem polnischen Staatssender TVP sowie der PiS vor, Journalisten in Gefahr zu bringen. "Dass der polnische Staatssender TVP in hetzerischer Weise über die Einbestellung berichtet, ist schlimm genug", sagte er. Dass TVP aber deutsche Journalisten wegen ihrer Berichterstattung mit Bild öffentlich anprangere, mache einmal mehr deutlich, "wie schwer beschädigt die Demokratie in unserem Nachbarland inzwischen ist". Er warnte vor Angriffen auf Journalisten. "Von verbalen Attacken bis hin zu körperlicher Gewalt fanatisierter Anhänger ist es nicht weit." Genau das nähmen die PiS-Regierung und die Spitze von TVP billigend in Kauf.

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