Die FED muss uns noch nicht schrecken

Stefan Riße · Uhr

Das war am Mittwoch schon ein Paukenschlag. Versucht die Federal Reserve (FED) mit einer so genannten Guidance die Märkte eigentlich immer gut auf ihre Entscheidungen vorzubereiten, so dass sie keine Überraschungen darstellen, vor allem nicht im Negativen, war es dieses Mal nicht so. Zwar hatte der Markt mit einer erhöhten Geschwindigkeit des Taperings gerechnet. Statt einer Reduktion der Anleihekäufe um 15 Milliarden US-Dollar pro Monat wurde mit einer Erhöhung auf 20 Milliarden gerechnet. Am Ende entschied die FED aber, ab Januar die Reduktion auf 30 Milliarden Dollar zu erhöhen.

Auch Zinserhöhungen kommen früher

Die FED hat stets deutlich kommuniziert, dass erst das Tapering abgeschlossen sein müsse, bevor es die ersten Zinserhöhungen gibt. Bei dem nun vorgegebenen Tempo ist dies nicht erst im Juli, sondern schon im März der Fall. Damit ist den Märkten auch klar, dass die erste Zinserhöhung nicht erst Mitte des Jahres kommt. Und war man bisher von zwei Zinserhöhungen in 2022 ausgegangen, sind es jetzt drei. Doch auch dies muss man einordnen. Die Inflation hat mittlerweile in den USA 6,8 Prozent erreicht. Bei den prognostizierten Zinsschritten von einem Viertelprozentpunkt stünden die Zinsen am Jahresende 2022 bei 0,75 Prozent. Damit ist eine Inflation von 6,8 Prozent, und würde sie auch auf die Hälfte sinken, kaum zu bekämpfen. Auch die Attraktivität von Aktien sinkt natürlich nur leicht.

Zinserhöhungen wirken mit Zeitverzögerung

Außerdem ist festzuhalten, dass Zinserhöhungen erfahrungsgemäß ihre echte liquiditätseinschränkende Wirkung erst mit einer Zeitverzögerung von drei bis zwölf Monaten entfalten. In den letzten Zinserhöhungszyklen ging es erst nach einer Reihe von Zinserhöhungen mit den Aktienmärkten deutlicher abwärts. Insofern ist derzeit noch kein Warnsignal für die Aktienmärkte gegeben. Aber es ist natürlich zu beobachten, ob die FED noch häufiger umsteuern wird. Dies würde sicher passieren, wenn die Inflationsrate weiter ausufert. Doch auch dann würde sich der negative Realzins ja nicht verringern, es sei denn, die US-Währungshüter würden plötzlich mit Riesenschritten voranschreiten.

EZB bleibt weiter locker

Nicht nur die FED tagte in dieser Woche, sondern auch die Europäische Zentralbank (EZB). Auch diese lässt das in der Krise aufgelegte Anleiheaufkaufprogramm zwar auslaufen, stockt das reguläre dafür aber um 20 Milliarden Euro auf. Zinserhöhungen fasst sie noch gar nicht ins Auge. Die Geldpolitik in den USA und die in Europa laufen damit noch stärker auseinander, liquiditätstechnisch sind europäische Aktien damit stärker unterstützt. Diese Tatsache und ihre tiefe Bewertung gegenüber amerikanischen Titeln lassen mich meine Empfehlung der vergangenen Woche wiederholen, Europa nicht aus dem Auge zu verlieren.

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