EU-Aufsicht ESMA warnt vor übereilten Rating-Herabstufungen

Reuters · Uhr

London (Reuters) - Der Chef der europäischen Finanzmarktaufsicht ESMA fordert die internationalen Ratingagenturen auf, die Virus-Krise nicht durch übereilte Herabstufungen von Ländern und Unternehmen zu verschärfen.

"Das Timing von Rating-Schritten muss sorgfältig austariert werden", sagte Behördenleiter Steven Maijoor am Donnerstag. Die Aufseher hätten ihre Kommunikation mit den Ratingagenturen verstärkt, um zu verstehen, wie diese auf die Covid-19-Krise reagierten. Das Geschäft mit Kreditratings wird weltweit von den drei großen US-Agenturen Moody's, Standard & Poor's (S&P) und Fitch dominiert.

Ende März hatte Fitch die Note für die Kreditwürdigkeit Großbritanniens wegen der Milliardenausgaben zur Bekämpfung der Coronavirus-Folgen gesenkt. Es wird erwartet, dass Moody's und S&P im kommenden Monat die Bonitätsnote für Italien überprüfen, die bereits sehr nah am Ramschstatus liegt. Mit diesem gelten Staatsanleihen eines Landes nicht mehr als ausfallsicher. Italien zählt zu den Ländern, die in Europa besonders hart von der Viruskrise getroffen wurden.

Es sei damit zu rechnen, dass die Herabstufungen in Folge der Virus-Krisen deutlich zunehmen, sagte Maijoor. Die Verschlechterung der Kreditqualität müsse angemessen widergespiegelt werden. Allerdings müsse dies für den Zeitpunkt solcher Schritte gelten. Die Agenturen entschieden dies unabhängig. "Wir können und sollten auch nicht in die Ratingprozesse eingreifen," sagte der ESMA-Chef.

Mit der Pandemie und der zeitweiligen Stilllegung ganzer Wirtschaftszweige ist die Gefahr prozyklischer Schritte wie zu Zeiten der der Euro-Schuldenkrise wieder auf die Tagesordnung gerückt. Damals hatten die Gesetzgeber in der EU beschlossen, Ratingagenturen direkt durch die ESMA beaufsichtigen zu lassen. Aus ihrer Sicht sollte es nicht mehr dazu kommen, dass durch Herabstufungen Krisen nochmals zugespitzt werden. Genau dies wurde den Agenturen damals vorgeworfen.

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