Ex-Audi-Chef Stadler weist Vorwürfe in Dieselskandal zurück

Reuters · Uhr (aktualisiert: Uhr)

München (Reuters) - Der ehemalige Audi-Chef Rupert Stadler will von den Manipulationen an hunderttausenden von Diesel-Fahrzeugen lange nichts gewusst haben.

Im ersten Prozess zur Aufarbeitung des Dieselskandals im Volkswagen-Konzern in Deutschland wies der 57-Jährige vor dem Münchner Landgericht am Dienstag die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft zurück. Techniker und Entwickler bei Audi und VW hätten bis zuletzt bestätigt, dass es keine automatischen Abschalteinrichtungen an den Motoren gegeben habe, die den CO2-Ausstoß auf der Straße deutlich erhöhten. Sie hätten "früher die Hosen runterlassen" sollen, sagte der ehemalige Top-Manager.

Der für die Entwicklung von Dieselmotoren verantwortliche Ingenieur Ulrich W., der Stadler in einem Arbeitsgerichtsprozess belastet hatte, habe in einer Vorstandssitzung beteuert, dass es in den Sechs-Zylinder-Motoren keine Abschalteinrichtung gebe. Er habe als Betriebswirt von den technischen Einzelheiten wenig verstanden, so Stadler. "Für uns im Vorstand war die Komplexität in keiner Weise greifbar."

Der Münchner Staatsanwaltschaft warf Stadler eine einseitige Darstellung der Vorgänge vor. Sie legt ihm in der Anklage zur Last, den Verkauf von Audi-Dieselautos in Europa nicht sofort gestoppt zu haben, nachdem die US-Umweltbehörde EPA den Skandal im Herbst 2015 aufgedeckt hatte, und spricht ihm ein ehrliches Bemühen um eine Aufklärung des Skandals ab. "Was darf man von einer Staatsanwaltschaft erwarten, die fortwährend den Eindruck erweckt, dass sie voreingenommen ist?" fragte der Manager, der die Ingolstädter Volkswagen-Tochter von 2007 bis 2018 geführt hatte. "Es gab keinerlei Hinweise, dass es für Dieselmotoren in der EU ein Konformitätsproblem gab." Stadler drohen wegen "gewerbsmäßigen Betrugs durch Unterlasse" sechs Monate bis zehn Jahre Haft.

Mehr als drei Stunden lang trug Stadler im Gerichtssaal im Gefängnis in München-Stadelheim mit ruhiger, fester Stimme aus seinem 45-seitigen Manuskript vor. Die Ankläger machten sich offenbar falsche Vorstellungen über die Entscheidungs- und Abstimmungsprozesse in einem großen Industriekonzern wie VW mit mehr als einer halben Million Mitarbeitern. Einen Großteil der E-Mails, die er als Audi-Vorstandschef erhalten habe, habe er nie gesehen. Wesentliche Entscheidungen seien im Zehn-Minuten-Takt gefallen, zumal nachdem er 2010 zusätzlich in den Vorstand von VW berufen worden sei. Selbst am Wochenende habe man ihm "ein bis zwei Post-Koffer" zur Bearbeitung nach Hause mitgegeben.

Ob er an einem "Schadentisch" teilgenommen habe, an dem die Probleme mit der Nachbehandlung von Diesel-Abgasen besprochen wurden, könne er nicht sagen, sagte Stadler, der heute nach eigenen Angaben als Berater arbeitet und finanziell "in geordneten Verhältnissen" lebt.

Ab Herbst 2015 habe der Dieselskandal nach einer Warnung der US-Umweltbehörde im Volkswagen-Vorstand alles überlagert, sagte Stadler. Bis dahin habe er nicht geglaubt, dass es bei Audi illegale Manipulationen gebe, um die Abgasvorschriften in den USA zu erfüllen. Aus den Ermittlungen der US-Anwaltskanzlei Jones Day, die die Affäre im Auftrag von VW aufklären sollte, sei der Vorstand bewusst herausgehalten worden. Den Managern sei nur von Zeit zu Zeit das Recht eingeräumt worden, mündlich über den Stand unterrichtet zu werden.

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