FAANG-Aktien waren Hauptmotor des 10-jährigen Bullenmarktes – Wird er auch durch sie beendet?

onvista · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Letztes Wochenende hat der derzeitige Bullenmarkt sein 10 jähriges Jubiläum gefeiert, zumindest wenn man sich nach der Entwicklung des US-amerikanischen Leitindex S&P 500 richtet, der seit März 2009 mehr als 280 Prozent Plus gemacht hat. Spätestens seit dem Einbruch der Finanzmärkte im Schlussquartal 2018 schrillen jedoch überall die Alarmsirenen, auch wenn die Märkte sich wieder weitestgehend von den Kurzstürzen berappeln konnten. Schlechte Konjunkturdaten, einbrechende Exporte, sowie weiter ungelöste politische Spannungen machen die Märkte zunehmend nervöser.

Die Kerntreiber des beispiellosen Bullenmarktes

Um die derzeitige Marktlage besser einschätzen zu können und ein grobes Bild der möglichen Ausgangsszenarien zu bekommen, lohnt sich ein Blick auf die Beschaffenheit des letzten großen Bullenzyklus. Was waren die Hauptantriebe für die Wirtschaft? Auf Makroebene sicher die Politik der Zentralbanken. Die amerikanische Notenbank FED und die Europäische Zentralbank EZB haben mit einer stark expansiven Rettungspolitik des lockeren Geldes und der Nullzinskredite den Bankensektor aus dem Kollaps der Finanzkrise gerettet und die Weltwirtschaft angekurbelt.

Auf der Unternehmensebene zeigt aber vor allem der S&P 500 ein interessantes Bild. Wie die Investmentbank Goldman Sachs jüngst kalkuliert hat, waren gerade einmal 10 Konzerne für ein Viertel des gesamten Gewinns seit 2009 verantwortlich:

UnternehmenDurchschn. jährl. ZuwachsAnteil an der S&P Entwicklung
Apple32 %20 %
Microsoft25 %17%
Amazon39%9%
JPMorgan Chase23%7%
Johnson & Johnson15%7%
Boeing33%7%
Home Depot29%6%
Intel19%6%
UnitedHealth31%5%
Cisco17%5%

Da der S&P 500 nach der Marktkapitalisierung seiner gelisteten Unternhemen gewichtet ist, lässt sich sein Aufschwung direkt mit dem gewaltigen Wachstum der größten Konzerne erklären. Die zwei FAANG-Unternehmen in der Liste, Amazon und Apple, haben beispielsweise eine annualisierte Performance von 39, beziehungsweise 32 Prozent hingelegt und ihre Marktkapitalisierung extrem ausgeweitet.

Laut einem der führenden Wertpapier-Analysten von Goldman Sachs, David Kostin, hat der IT-Sektor 22 Prozent der gesamten Index-Entwicklung in diesem Zeitraum beigetragen. Wie in der Tabelle zu sehen ist, ist ein Großteil der 10, den S&P treibenden Unternehmen im Technologie-Sektor beheimatet.

FAANG-Konzerne sind eine zentrale Lebensader der Weltwirtschaft

Auch die anderen Tech-Giganten Facebook, Google, Netflix und Co. haben mit exponentiellen Kursschüben ihren Teil zum bisher längsten Bullenmarkt beigetragen. Mit Zuwächsen von 500 bis 2500 Prozent dominieren sie mindestens seit der Finanzkrise nicht nur die Technologiebranche, sodass es nicht abwegig erscheint, diese Ära als goldene Ära der FAANG-Konzerne (Facebook Amazon Apple Netflix Google) zu bezeichnen.

Die Entwicklung der FAANG-Konzerne in den letzten 10 Jahren

Von Beginn des Jahres bis zum Ende der ersten Hälfte 2018, als der S&P 500 kurz vor seinem Allzeithoch von über 2900 Punkten stand, hatten die FAANG-Konzerne, zusammen mit Microsoft, Mastercard, Visa, Adobe Systems und Nvidia für mehr als 100 Prozent der Index-Performance von insgesamt 3 Prozent Zuwachs gesorgt. Allein Amazon steuerte laut einer Goldman Sachs Auswertung 36 Prozent bei.

Doch wie lange wird diese goldene Ära noch anhalten? Aus Sicht vieler Marktteilnehmer haben die Konzerne ihr Maximum der Profitabilität erreicht und ein weiterhin exponentielles Kurswachstum in den nächsten Jahren scheint unwahrscheinlich. Nicht nur wegen dem Erreichen der globalen Marktdominanz, sondern auch wegen dem bei dieser Entwicklung zwangsläufig aufkommenden Gegenwind.

Werden die Tech-Giganten aufgespalten?

Die in vorher nie dagewesenem Ausmaß herrschende Monopolstellung der FAANG-Konzerne und ihre multinationalen Strukturen haben in den letzten Jahren immer mehr Kritik und Widerstand hervorgerufen. Vor allem Facebook sieht sich mit dem massiven Vorwurf des Datenmissbrauchs konfrontiert und hat bereits Schritte hin zu einer Umstrukturierung seiner Social Media Plattformen hin zu mehr Privatsphäre angekündigt. Dennoch wird von immer mehr Seiten gefordert, die Konzerne aufzuspalten. Jüngst von der US-Senatorin Elizabeth Warren, aus deren Sicht die Konzerne „Märkte ohne Regeln“ haben aufkommen lassen, in denen Wettbewerb und Innovation durch das Ersticken kleinerer Konkurrenten behindert werden.

Blickt man zurück in die Geschichte Amerikas, ist etwas ähnliches bereits schon einmal geschehen. Die Öl-, Stahl- und Eisenbahn-Monopole des 19. Jahrhunderts wurden ebenfalls zerschlagen, als sie zu groß wurden. Der 1890 erlassene Sherman Antitrust Act legte den Grundstein für das amerikanische Wettbewerbsrecht und wies die Standard Oil Company, die Carnegie Steel Company und die Accessory Transit Company in ihre Schranken.

Wie die weitere Zukunft der Tech-Giganten aussieht, wird ohne Zweifel großen Einfluss auf die Entwicklung der Märkte haben. Eine Aufspaltung der Monopole könnte den Wettbewerb der Technologie-Branche ankurbeln und damit die Wirtschaft in einen neuen Zyklus des Wachstums versetzen. Genauso gut könnte der Verlust der FAANG-Konzerne als Wirtschaftsmotor den bisher längsten Bullenzyklus endgültig in die Knie zwingen.

Angesichts der heutigen Stellung der Zentralbanken, die während der letzten Krise ihr Pulver bereits verschossen haben, könnte die zukünftige wirtschaftliche Entwicklung der Tech-Giganten eine noch zentralere Rolle für den Kurs der Weltwirtschaft haben. Trotz des beispiellosen Bullenmarktes haben die Notenbanken ihre Notfallprogramme nicht wieder hin zur Normalisierung zurückgefahren und die Zinsen auf historisch niedrigem Level belassen. Bei der nächsten Krise werden sie es wesentlich schwerer haben, die Märkte neu zu beleben.

Von Alexander Mayer

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Titelfoto: metamorworks / Shutterstock.com

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