FED und EZB: Was können die Zentralbanken noch tun, um die Märkte stabil zu halten?

onvista · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Wenn die Aktienmärkte stocken, ruht die Hoffnung auf den Notenbanken. Und das heißt im Moment: auf der US-Notenbank Fed. Denn im Gegensatz zu den Währungshütern anderer Wirtschaftsmächte haben die Amerikaner mit den Zinsanhebungen im vergangenen Jahr die Möglichkeit für Senkungen geschaffen. Diese würden Aktien im Vergleich zu festverzinslichen Wertpapieren attraktiver machen.

Die Hoffnungen sind nicht unberechtigt. Schon um den Jahreswechsel hat die US-Notenbank mit dem Schwenk auf eine Zinspause den taumelnden Aktienmärkten unter die Arme gegriffen. Sollten die Währungshüter eine lockerere Geldpolitik signalisieren, wäre das ein wichtiges Signal für die Börsen.

Frank Klumpp, Investmentanalyst der LBBW, bezeichnet daher wenig überraschend die Sitzung der US-Notenbank am Dienstag und Mittwoch als wichtigsten Termin in der kommenden Woche. Einen Zinsschritt schätzt Klumpp zwar als äußerst unwahrscheinlich ein, hält aber Aussagen in diese Richtung für möglich: „Vermutlich wird (der Fed-Vorsitzende) Jerome Powell versuchen, die Marktteilnehmer nicht zu enttäuschen, um Marktverwerfungen zu vermeiden, so dass ein ‚taubenhaftes‘ Fazit zu erwarten ist.“

Der Markt rechnet ohnehin mit Senkungen - Das lässt nur Platz für Enttäuschungen

Eine Taube macht freilich noch keinen Sommer. Zumal der Markt schon eine ganze Serie von Zinssenkungen erwartet und damit rechnet, dass „die Fed bis zum Jahresende gar drei Mal das Leitzinsband um jeweils einen Viertelprozentpunkt senkt“, wie der Analyst anmerkt. Der Überraschungseffekt würde damit auf der negativen Seite liegen, sollte Powell die Hoffnungen der Märkte nicht erfüllen.

Nicht zu vergessen: Sollte die US-Notenbank Einsatzbereitschaft andeuten, wäre dies die Reaktion auf eine nachlassende Konjunktur und damit ein weiteres Indiz für eine stockende Weltwirtschaft. Wann die erste Zinssenkung genau erfolgen wird, hängt nach Einschätzung von Charlotte Heck-Parsch von der BayernLB nicht zuletzt davon ab, wie sich der Handelsstreit zwischen den USA und China entwickelt. Die Volkswirtin hält einen Zinsschritt im Herbst für wahrscheinlich. Sollte der Konflikt eskalieren, „könnte die Fed allerdings auch schon früher eingreifen“.

Denn eine Lösung ist nicht in Sicht. Hoffnungen, das Ende des Zollstreits zwischen Mexiko und den USA könnte Vorbild für eine Einigung mit China sein, sind so schnell zerstoben, wie sie aufkamen. Robert Halver von der Baader Bank hält sogar einen Dauerkonflikt für möglich. Der Kapitalmarktexperte fürchtet, „dass Trump das Feindbild China noch bis zur US-Präsidentenwahl im November 2020 nutzen könnte“. Das birgt die Gefahr, dass auch die Chinesen auf stur schalten, was die Drohstrategie des US-Präsidenten gefährlich macht. „Sein verbales Hochrüsten erschwert es China immer mehr, gesichtswahrend einzulenken“, so Halver.

Auch EZB will die Schrauben weiter lockern

Die EZB hält sich nach den Worten von Notenbank-Direktor Benoit Coeure die Einführung von gestaffelten Einlagezinsen als Möglichkeit offen.

Sollte die Notenbank zu dem Schluss kommen, dass eine Zinssenkung die beste geldpolitische Handlungsoption sei, müsse sie über die Auswirkungen auf die Banken nachdenken, sagte das Mitglied des sechsköpfigen Führungsteams der EZB der „Financial Times“ in einem am Montag veröffentlichten Interview. „Wir müssten überlegen, ob ein Staffelsystem nötig ist.“ Die vorherrschende Sichtweise im EZB-Rat sei zwar gegenwärtig, dass dies nicht der Fall sei. „Aber wir stimmen auch darin überein, dass dies mehr Überlegungen verdient.“

Strafzinsen belasten die Banken und rauben die Gewinne

2014 senkte die Europäische Zentralbank (EZB) erstmals ihren Einlagesatz auf unter null Prozent – inzwischen liegt er bei minus 0,4 Prozent. Ein negativer Satz bedeutet, dass Banken Strafzinsen zahlen müssen, wenn sie über Nacht überschüssiges Geld bei der EZB horten.

Laut einer Studie des Finanzdienstleisters Deposit Solutions haben Banken aus Europa in den vergangenen fünf Jahren 21,4 Milliarden Euro an Strafzinsen an die EZB gezahlt. 2018 soll der Wert 7,5 Milliarden Euro betragen haben.

Deutsche Banken besonders betroffen

In Deutschland beklagen Geldhäuser schon seit längerem, dass die ultraniedrigen Zinsen an ihren Gewinnen zehren. Sie fordern ein Ende der Negativzinsen. Eine Staffelung des Einlagensatzes könnte beispielsweise über Freibeträge erreicht werden. Demnach könnten Banken bis zu einer gewissen Grenze Geld bei der EZB parken, ohne dass sie darauf Strafzinsen zahlen müssten.

Die amerikanischen Banken haben es hier wesentlich besser: Sie bekommen immer noch Zinsen für ihre bei der FED geparkten Gelder und erhalten laut der Studie etwa 40 Milliarden Euro im Jahr.

Auch der Chef der finnischen Notenbank, Olli Rehn, brachte vor wenigen Tagen „mögliche Linderungsmaßnahmen“ für Banken ins Spiel. EZB-Chef Mario Draghi hatte nach der jüngsten Zinssitzung betont, dass sich die Euro-Wächter angesichts konjunkturellen Unsicherheiten wegen der Handelskonflikte und der Brexit-Hängepartie alle Optionen offenhalten. Einige Ratsmitglieder hätten auch die Möglichkeit von Zinssenkungen erwähnt.

(onvista/reuters/dpa-AFX)

Titelfoto: Tanarch / Shutterstock.com

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