G7 erhöht Druck auf Russland - USA wollen EU mehr Gas liefern

Reuters · Uhr

- von Andreas Rinke und Jarrett Renshaw

Brüssel (Reuters) - Die Nato und die G7-Staaten verschärfen angesichts des anhaltenden Krieges in der Ukraine ihre Haltung gegenüber Russland.

Ein Nato-Sondergipfel in Brüssel beschloss am Donnerstag in Brüssel, dass das westliche Verteidigungsbündnis seine Präsenz an der Ostflanke deutlich verstärkt. Die wichtigsten westlichen Industrieländer drohen Russland mit weiteren Sanktionen und wollen das Land stärker international isolieren. Nach Informationen der Nachrichtenagentur Reuters sagen die USA zu, der EU in diesem Jahr mindestens 15 Milliarden Kubikmeter Gas mehr zu liefern als bisher geplant, um die Energieabhängigkeit von Russland schneller zu reduzieren. Außerdem unterstützen die USA und die EU die Untersuchung von Kriegsverbrechen bei der russischen Invasion in der Ukraine.

Die westlichen Staaten hatten am Donnerstag mit einer Serie von Gipfeln - Nato, G7 und EU - ihre harte Haltung und Einheit gegenüber Russland unterstrichen. Auch US-Präsident Joe Biden flog dafür nach Brüssel und nahm am Abend an dem EU-Gipfel teil. Er will am Freitagmorgen einen Energievertrag mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen unterzeichnen. Die USA wollen mit der verstärkten Lieferung von LNG-Gas dazu beitragen, dass die Europäer ihre Speicher für den nächsten und übernächsten Winter auch ohne russisches Gas füllen können.

Hintergrund ist neue Unsicherheit, wie lange die EU noch von Russland beliefert wird. Kanzler Olaf Scholz wies in Brüssel eine Forderung von Russlands Präsident Wladimir Putin zurück, Lieferungen von russischem Gas und Öl künftig in Rubel abzurechnen. Die Verträge seien geprüft worden - diese würden eine Bezahlung in Europa oder Dollar vorsehen, sagte Scholz. Die EU habe sich ihrerseits aber bewusst entschieden, derzeit kein Embargo gegen russische Energielieferungen zu verhängen. Einige osteuropäische Staaten fordern dennoch einen sofortigen Stopp der Lieferungen. Etliche andere EU-Länder lehnen dies aus Angst vor wirtschaftlichen Verwerfungen ab. In der Bundesregierung hieß es, es sei nicht mit Beschlüssen zu rechnen.

DEBATTE ÜBER NEUE SANKTIONEN

Die G7 machte vor allem Putin und sein Umfeld für den Krieg verantwortlich. "Die Bevölkerung Russlands soll wissen, dass wir keinen Groll gegen sie hegen", heißt es in der Gipfel-Erklärung. "Putin hat die rote Linie zur Barbarei bereits überschritten", sagte der britische Premierminister Boris Johnson. Die G7 streben an, alle Schlupflöcher für die verhängten Sanktionen gegen Russland stopfen zu wollen. Biden forderte nach den G7-Beratungen in Brüssel einen Ausschluss Russlands aus dem G20-Kreis der wichtigsten Industrie- und Schwellenländer. Die G7-Erklärung ist deutlich zurückhaltender: Es heißt dort nur, dass die Zusammenarbeit mit Russland in internationalen Organisationen und multilateralen Foren nicht wie gehabt weitergeführt werden solle. Die Bundesregierung hatte sich bereits am Mittwoch skeptisch zu einem Ausschluss Russlands gezeigt, weil etwa China, aber auch Schwellenländer dies ablehnen.

DRUCK AUF CHINA

Die G7 und die Nato erhöhen zugleich den Druck auf China und warnen Peking davor, Russland in dem Konflikt militärisch oder ökonomisch zu unterstützen. China wisse, dass seine wirtschaftliche Zukunft an den Westen gebunden sei, sagte US-Präsident Biden. Er habe den chinesischen Staatschef Xi Jinping gewarnt, dass Peking die Unterstützung der russischen Invasion in der Ukraine bereuen könnte. "Ich habe ihm nicht gedroht, aber ich habe ihm deutlich gemacht, dass er die Konsequenzen einer Unterstützung Russlands versteht", sagte Biden in Brüssel zu seinem Telefonat mit Xi am Freitag. Scholz sagte, Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und er hätten dem chinesischen Präsidenten nahe gelegt, den russischen Angriff zu verurteilen. China hat dies bisher nicht getan, sondern die westlichen Sanktionen gegen Russland kritisiert.

Russland müsse für seine Invasion in die Ukraine einen Preis zahlen, hatte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg schon zu Beginn des Nato-Gipfels gesagt. In der Nato-Erklärung ist von einem "strategischen Fehler" von Russlands Präsident Wladimir Putin die Rede. Die Nato-Staaten warnten Russland vor weitreichenden Konsequenzen, sollte das Land in der Ukraine chemische oder biologische Waffen einsetzen. Stoltenberg sagte, durch einen Einsatz von Chemiewaffen könnte auch die Bevölkerung in Nato-Staaten in Mitleidenschaft gezogen werden. Die sogenannten ABC-Einheiten der Nato wurden in erhöhte Bereitschaft versetzt.

Die Nato entschied zudem, ihre Truppen an der Ostflanke massiv aufzustocken. Die 30 Staats- und Regierungschefs der Nato-Mitgliedsländer beschlossen, vier zusätzliche Kampfgruppen von jeweils bis zu 1000 Soldaten in der Slowakei, Ungarn, Bulgarien und Rumänien zu stationieren und damit die Kampftruppen des Bündnisses im Osten zu verdoppeln.

(Bericht verschiedener Reuters-Büros, redigiert von Birgit Mittwollen. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)

Meistgelesene Artikel