Handelsstreit: Großteil der Analysten von Trumps Zwischen-Deal unbeeindruckt – „Mehr ein Waffenstillstand als ein echtes Geschäft“

onvista · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Am Freitag hatte US-Präsident Trump die Einigung auf ein Teilabkommen mit China verkündet und es als großen Sieg verkauft. Er bezeichnete den Deal als den größten und besten, der jemals für den US-Agrar-Sektor ausgehandelt worden ist. „Der Deal, den ich gerade mit China gemacht habe, ist bei weitem der größte und beste Deal, den wir je für unsere großartigen, patriotischen Bauern in der Geschichte unseres Landes gemacht haben. Tatsächlich stellt sich die Frage, ob so viel Produkte produziert werden können oder nicht. Unsere Bauern werden es herausfinden. Vielen Dank, China!“, schrieb er auf Twitter.

Trump ist für seine offensive Kommunikation bekannt und dass er diesen Erfolg medial groß aufarbeitet, war zu erwarten, obwohl er zuvor noch betont hatte, lieber direkt einen kompletten Deal auf dem Tisch haben zu wollen. Auch der Zeitpunkt der Veröffentlichung scheint kein Zufall gewesen zu sein, da er den Erfolg für die Bauern am „National Farmers Day“ verkündet hat.

An der fundamentalen Lage ändert der Zwischendeal gar nichts

China kauft sofort amerikanische Agrarprodukte im Volumen von 40 bis 50 Milliarden Dollar. Diese „Phase eins“ eines umfassenderen Abkommens beinhalte unter anderem auch die Vorbereitung zu Themen Schutz geistigen Eigentums, Finanzdienstleistungen und Währungsfragen, sagte Trump im Weißen Haus. Die restlichen Streitpunkte sollen dann in einer zweiten und womöglich dritten Phase geklärt werden. Das wichtigste an der ganzen Sache ist wohl nicht der abgeschlossene Deal, sondern die Tatsache, dass eine weitere Verschärfung des Handelskonfliktes vom Tisch ist. Weitere Strafzölle im Oktober und im November sind erst einmal vom Tisch. An der aktuellen Lage hat sich allerdings nicht viel geändert. Die bestehenden Strafzölle belasten die globale Wirtschaft weiterhin. Auch die Märkte haben sich zwar in einer ersten Reaktion euphorisch gezeigt und starke Kursgewinne verzeichnet, zu Beginn der neuen Woche hat aber keine fortschreitende Entspannungsrally angesetzt, sondern die Märkte sind zunächst wieder in Habachtstellung gegangen.

Analysten sind sich einig – Der Deal bedeutet nur wenig

Unter den Analysten und Marktbeobachtern weicht die Meinung ebenfalls stark von Trumps Euphorie ab und es herrscht eher die Warnung vor, dass die Kernprobleme wenig bis gar nicht in dem Zwischenabkommen behandelt werden und es jederzeit wieder zu einem Abbruch der Verhandlungen kommen könnte, wie es bereits im Mai der Fall gewesen ist, wo zuerst kommuniziert wurde, dass man einem umfassenden Abkommen bereits sehr nahe sei und die Verhandlungen dann plötzlich zum Erliegen gekommen waren.

„Wir sind der Meinung, dass der von Trump mit China eingegangene ‚substanzielle‘ Deal eher ein Waffenstillstand als ein echtes Geschäft ist“, sagte Christiaan Tuntono, Senior-Ökonom für den asiatisch-pazifischen Raum bei Allianz Global Investors gegenüber CNBC. „Während dieses Abkommen in der ersten Phase ein Abkommen genannt wird, wird dadurch weder die bestehende Zollbelastung für den Handel zwischen den USA und China beseitigt noch die Unsicherheit verringert, mit der die Unternehmen in künftigen Beziehungen zwischen den USA und China konfrontiert sind“, fügte Tuntono hinzu.

Die Gespräche im Sommer scheiterten, weil China sich Berichten zufolge nicht zu Gesetzesänderungen verpflichten wollte, um die Bedenken der USA in Bezug auf Diebstahl von geistigem Eigentum, erzwungenen Technologietransfer und Währungsmanipulationen auszuräumen. Und genau diese Kernpunkte sind bisher weiterhin nicht angetastet, daher messen die meisten Marktbeobachter diesem Zwischenabkommen nur eine geringe Substanz zu.

Morgan Stanley erwartet keine bedeutende Erholung in der Wirtschaft

Auch Morgan Stanley sieht in dem Teilabkommen eine „ungewisse“ Vereinbarung und sieht auch danach keinen Weg, um einen Weg aus der Zollspirale zu finden. „Es gibt noch keinen gangbaren Weg, um die bestehenden Zölle zu senken, und die Eskalation der Zölle bleibt ein bedeutendes Risiko“, hieß es in einer Mitteilung. „Wir erwarten daher noch keine bedeutende Erholung des Unternehmensverhaltens, die die globalen Wachstumserwartungen in die Höhe treiben würde.“

Auch in Deutschland reagierte der Bundesverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA) mit Skepsis auf die von Trump verkündete Einigung. „Nach den zahlreichen Kapriolen des US-Präsidenten vor und zurück bleibt erst einmal ein gesundes Stück Skepsis, was diese Teileinigung wert ist“, erklärte BGA-Präsident Holger Bingmann. Die für Dienstag geplante Verschärfung der US-Strafzölle auf chinesische Waren sei zwar vorerst vom Tisch, sagte auch Anlagestratege Michael Hewson vom Brokerhaus CMC Markets. Dies gelte aber nicht für den im Dezember angepeilten nächsten Schritt. "Dieser sogenannte Deal wird den Ausblick für den Welthandel kaum ändern, da China kaum mehr als den Kauf zusätzlicher US-Agrarprodukte versprochen hat."

onvista-Redaktion/dpa-AFX/reuters

Titelfoto: Lightspring / Shutterstock.com

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