Koalitionsverhandlungen starten - SPD, Grüne und FDP betonen Einheit

Reuters · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Berlin (Reuters) - SPD, Grüne und FDP haben am Mittwoch in 22 Arbeitsgruppen ihre Koalitionsverhandlungen zur Bildung der ersten Ampel-Regierung auf Bundesebene begonnen.

Zugleich legten die drei Parteien zum Thema Corona einen ersten gemeinsamen Beschluss vor. SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz bekräftigte auf einem Kongress in Hannover das Ziel, dass er im Dezember zum neuen Bundeskanzler einer Ampel-Koalition gewählt werde. "Es gibt nicht die typische Lagerbildung, es gibt auch nicht die natürlichen Partner wie in der Vergangenheit, sondern sehr viel Komplexität", sagte Grünen-Co-Chefin Annalena Baerbock auf dem Kongress der Gewerkschaft IG Bergbau, Chemie und Energie. FDP-Chef Christian Linder sagte auf derselben Veranstaltung, die Ampel werde als "Zweckbündnis" starten, aus dem aber etwas entstehen könne.

Die 22 Arbeitsgruppen sollen bis zum 10. November die Ergebnisse ihrer Beratungen vorlegen. Dabei verhandeln fast 300 Politiker und Politikerinnen der drei Parteien. Es ist strikte Vertraulichkeit verabredet. Nach dem 10. November treffen sich dann wieder die Kernverhandlungsgruppen mit den Spitzen von SPD, Grünen und FDP, um die großen Streitpunkte etwa in der Finanz- oder Klimapolitik zu klären. Der Vertrag soll bis Ende November stehen und dann von den Gremien der Parteien bestätigt werden. Die neue Bundesregierung könnte dann in der Woche vom 6. Dezember vereidigt werden.

Die Parteien haben bereits ein zwölfseitiges Sondierungspapier vorgelegt, in dem etwa der Verzicht auf Steuererhöhungen oder auf die Aufweichung der Schuldenbremse festgelegt wurden. Der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion, Marco Buschmann, sprach nun von einem "guten Zeichen für die Demokratie", dass die drei Parteien "sachlich, vernünftig, vertrauensvoll und gemeinsam" eine Position in der Corona-Politik gefunden hätten.

"ETWAS NEUES SCHAFFEN"

Baerbock appellierte an die Ampel-Parteien, "aus alten Ritualen" herauszufinden und nicht "in seiner eigenen Filterblase" zu bleiben. Es gehe darum, "alte Gräben nicht nur zuzuschütten, sondern neue Brücken zu bauen". Auch Lindner sprach von der "Bereitschaft in das Offene zu treten und etwas Neues zu schaffen". Als Beispiel für die Kompromissbereitschaft der FDP nannte er die Bereitschaft, den Kohleausstieg vorzuziehen. "Das war kein Anliegen der FDP, aber es gehört zu einer Koalition, dass man sich zu den Kompromissen bekennt".

Am Mittwoch zeigten sich allerdings auch erst Dissonanzen. So kritisierte FDP-Generalsekretär Volker Wissing, dass Scholz und Grünen-Co-Chef Robert Habeck am Sonntag der FDP die Schuld gegeben hätten, dass wegen des Verzichts auf Steuererhöhungen für Reiche eine Entlastung für kleine und mittlere Einkommen unmöglich sei. "Wenn wir jetzt anfangen, uns gegenseitig zu erklären, warum was und wer dafür verantwortlich ist, was nicht geht, dann wird das nicht einfacher", sagte Wissing der Welt-TV.

Einig waren die drei Parteien indes bei der Entscheidung, die "epidemische Lage von nationaler Tragweite" nicht zu verlängern und künftig das Verhängen von Lockdowns zu verhindern. SPD-Gesundheitsexperte Dirk Wiese, Grünen-Co-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt und der FDP-Politiker Buschmann stellten dazu gemeinsam ein Eckpunkte-Papier vor und streben Verhandlungen im Bundestag über eine Änderung des Infektionsschutzgesetzes am 10. oder 11. November an.

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