Netflix /Amazon: ProSiebenSat.1 und RTL greifen an – Vielleicht sogar gemeinsam

onvista · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Der Fernsehkonzern ProSiebenSat.1 baut gemeinsam mit dem US-Medienkonzern Discovery eine Streaming-Plattform für deutsche Kunden auf und will damit Konkurrenten wie Netflix Paroli bieten. Die Plattform soll Anfang 2019 starten und bis 2021 zehn Millionen Nutzer gewinnen. Der neue ProSiebenSat.1-Chef Max Conze sagte am Montag in Unterföhring bei München: „Ich lade hiermit RTL, ARD und ZDF ein, mit uns gemeinsam einen deutschen Champion zu schaffen.“

Der ARD-Vorsitzende Ulrich Wilhelm hatte schon vor einem halben Jahr für eine deutsche oder europäische Internet-Allianz von öffentlich-rechtlichen und privaten Fernsehsendern geworben, die bei der Sendergruppe aus München nicht auf taube Ohren gestoßen ist.

ProSiebenSat.1-Vorstandsmitglied Conrad Albert hatte Wilhelms Vorstoß kurz vor Conzes Amtsantritt im Mai gelobt und gesagt: „Wir brauchen deutsche und europäische Alternativen zu Netflix, Amazon Prime oder YouTube. Wir müssen mehr gemeinsam Hand in Hand machen, gerade auf der Inhaltsebene.“

Der erste Schritt dafür ist jetzt getan. ProSiebenSat.1 und Discovery wollen ihre Internet- und Video-on-Demand-Dienste Maxdome, 7TV und Eurosport Player in ihre gemeinsame Plattform integrieren. Neben einem breiten werbefinanzierten Angebot werde es auch werbefreie Kaufangebote mit Sportübertragungen und Filmen geben. Die kleineren TV-Anbieter Axel Springer (Welt, N24 Doku) und Constantin Medien (Sport1) sind den Angaben zufolge bereits im Boot. Das Vorhaben bedarf der Zustimmung der Kartellbehörden.

Ähnlich hat sich heute auch RTL geäußert. Die Gruppe will dem Vormarsch globaler Plattformen wie Netflix und Amazon Prime Video ein eigenes Video-on-demand-Angebot für ein Massenpublikum entgegensetzen. „Das lineare Fernsehen ist unser Rückgrat, aber wir werden in den nächsten Jahren stark in unsere Video-on-demand-Angebote investieren“, sagte der Chef der RTL-Group, Bert Habets, heute der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“. Habets strebt dem Bericht zufolge an, mit diesem Angebot zum Massenanbieter zu werden. „Deswegen ist es wichtig, unsere Investitionen deutlich zu erhöhen und auch mehr Risiko zu wagen.“

In Deutschland will der Sender sein Videoangebot TV Now in diesem Winter laut dem Bericht mit einem neuen, deutlich erweiterten Angebot ausbauen. „Wenn wir für Deutschland eine Massenmarke aufbauen wollen, wie es Netflix global ist, müssen wir dabei vor allem in lokale Inhalte investieren“, sagte Habets. Liebhaber von Serien sollten genauso bedient werden wie Kunden, die sich mehr für Shows oder für Reality TV interessierten. Der Preis bleibe „auf jeden Fall ein einstelliger Eurobetrag im Monat“.

Die Digitalisierung wird nach Ansicht des RTL-Chefs die Angebote der Sender auch inhaltlich verändern. „Die junge Generation konsumiert Medien anders“, sagte er. Viele wollten immer seltener einen Film schauen, der länger als eine Stunde dauert. Wo früher Spielfilme stets 90 Minuten dauerten und eine Serien-Episode 45 Minuten, „müssen wir verstärkt Formen finden, die nur noch 10 bis 15 Minuten dauern und anspruchsvolle Inhalte bieten“.

Vielleicht überdenkt Bert Habets ja jetzt noch einmal seine Pläne und macht gemeinsame Sache mit ProSiebenSat.1 Median und seinen Partnern. Eine Allianz aus den deutschen Fernsehsendern könnte den Kursen den beiden börsennotierten Fernsehsender vielleicht wieder neue Fantasie einhauchen.

Weder die Aktie von ProSiebenSat.1, noch das Wertpapier von RTL kann auf Sicht von einem Jahr eine positive Performance vorweisen.

Von Markus Weingran / dpaAFX

Foto: 360b / Shutterstock.com

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