onvista-Börsenfuchs: Anleger erwarten zu schnell zu viel

Der onvista-Börsenfuchs · Uhr

Hallo Leute! Ihr kennt ja meine Neigung, alle möglichen Untersuchungen mit ihren Statistiken auszuschlachten, um noch mehr über das Verhalten der Kapitalanleger zu erfahren. Heute hab ich zwei ganz unterschiedliche Betrachtungen für Euch, die Ihr wie ein Spiegel anschauen könnt: Was gilt auch für mich? Lob und Tadel von Profis werden mitgeliefert.

Aktuell: Drei Viertel der deutschen Privatanleger schicken ihr Depot in den Sommermonaten in Ferien und nehmen keine größeren Anpassungen vor.  5 Prozent der Befragten sichern ihr Portfolio mit Hilfe von strukturierten Wertpapieren ab (das könnten mehr sein!). Und dann das Sell-in-May: 8 Prozent der Umfrage-Teilnehmer folgen der saisonalen Strategie, wonach sie im Mai dem Aktienmarkt erst einmal den Rücken zukehren und erst später im Jahr wieder zurückkehren. Das sind Kernaussagen der Trend-Umfrage des Deutschen Derivate Verbands (DDV).

Umfassend ist die neue Global Investor Study vom Vermögensverwalter-Giganten Schroders - es wurden mehr 25.000 Personen aus aller Welt befragt. Allgemeines Lob für Anleger in Deutschland und Österreich: Sie haben aus der Vergangenheit gelernt. Denn die Mehrheit hat (ähnlich wie die ausländischen Investoren insgesamt) in der nervös-schwachen Phase Ende 2018 bei den Umschichtungen besonnen gehandelt - also nix von wegen „überhastete Kurzschlussreaktionen“, wie mitunter in den Medien behauptet wurde.

Aber der zeitliche Horizont! Deutsche Investoren halten ihre Kapitalanlagen im Durchschnitt 3,1 Jahre. Sie liegen damit zwar über dem weltweiten Mittelwert (2,6 Jahre), jedoch um fast zwei Jahre unter dem allgemein empfohlenen langfristigen  Anlagezeitraum von mindestens fünf Jahren. Ein Drittel der deutschen Investoren sagte sogar, dass sie ihre Anlagen weniger als ein Jahr halten. Das zeigt klar, meine Freunde, wie ungeduldig viele Anleger sind und dass entgegen anderen Äußerungen doch jede Menge Kohle voll spekulativ in Aktien fließt.

Dazu kommen überhöhte Renditeerwartungen. Denn weltweit wollen die Anleger in den nächsten fünf Jahren im Durchschnitt eine Gesamtrendite (Erträge plus Kapitalzuwachs) von 10,7 Prozent pro Jahr. Vor einem Jahr betrug dieser Wert noch 9,9 Prozent. Jeder sechste erwartet sogar eine Jahresrendite von mindestens 20 Prozent. Nord- und Südamerikaner sind mit 12,4 Prozent besonders gierig, verglichen mit 9,0 Prozent in Europa.  Die braven Deutschen machen sich für die kommenden fünf Jahre dagegen wenig Illusionen. Die von ihnen erwartete Durchschnittsrendite liegt mit 6,8 Prozent deutlich unterhalb des globalen Mittelwerts. Die darf man wirklich erwarten.

Strich drunter: Wie die Studie zeigt, ist knapp die Hälfte der Investoren mit ihren Anlagen nicht zufrieden. So sagen 46% der deutschen Anleger, ihre Investmentziele in den vergangenen Jahren verfehlt zu haben. Die Schuld geben sich die Befragten oft selbst, bei den Gründen gehen die Meinungen aber weit auseinander. Die einen meinen, sie hätten länger investiert bleiben sollen, die anderen ärgern sich, weil sie nicht früher ausgestiegen sind. Übrigens: Die Ergebnisse insgesamt sind eigentlich nicht typisch deutsch, sondern passen ins Weltbild.

Der Börsenfuchs (ein alter Aktienfan) empfiehlt mit Blick auf die Aktienmärkte mehr Geduld und Bescheidenheit - dann macht Börse auch Spaß!

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