onvista-Börsenfuchs: Die Angst vor einem Zinsschock

Der onvista-Börsenfuchs · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Hallo Leute! Nachrichten bestimmen die Kurse, jedenfalls deren tägliche Zuckungen. Die Trader wissen das. Und engagierte Stockpicker versuchen, aktuelle News über die Geschäftslage einzelner Unternehmen für ihre Käufe und Verkäufe zu nutzen. Das Dumme dabei ist nicht nur der Faktor Zeit: Kann der Privatanleger überhaupt rechtzeitig (= früh genug) auf wichtige Nachrichten reagieren? Vielleicht noch problematischer ist die Auswahl: Welche Informationen sind „kursrelevant“? Ergebnisse der Kapitalmarktforschung zeigen, dass nur etwa 20 Prozent des täglichen Bergs von Meldungen für Anleger wirklich nützlich sind. 

Das Handelsblatt brachte gestern jede Menge Besorgnismaterial aus Ami-Land, zusammengefasst im Artikel „Die Angst vor dem Zinsschock“. Dazu ein Interview mit einer Fondsmanagerin von Franklin Templeton, das auch nicht gerade bullisch klingt. Angst deshalb, weil ein Desaster am Anleihemarkt auf die Aktienbörsen ausstrahlen würde. Tatsächlich waren die Schritte der Federal Reserve für den Aktienmarkt kein Problem. Die Rendite zehnjähriger Staatsbonds ist inzwischen bei 3 Prozent angekommen. Auch (noch) kein Problem. Was aber, wenn die Ami-Anleihen Richtung 4 Prozent weitermarschieren und die kurzfristigen Sätze noch schneller steigen? Das könnte heikel werden, weil man damit Vorzeichen einer nahenden Rezession verbindet. Außerdem würde dann jede Menge institutioneller Kohle von  Aktien und Anleihen getauscht. Nee, so weit sind wir noch nicht. 

Aber: Die jüngsten Schwankungen am Kapitalmarkt sind an institutionellen Investoren nicht spurlos vorübergegangen - zumindest laut den Ergebnissen einer neuen Fondsmanager-Umfrage. Die Kassenhaltung stieg auf 5 Prozent, den höchsten Wert seit der Trump-Wahl im Oktober 2016 - eine hohe Cashquote war in der Vergangenheit eher ein Kontraindikator. Und nur 18 Prozent der Befragten glauben, dass der Höchststand am Aktienmarkt hinter uns liegt. 

Die Deutsche-Bank-Strategen beschäftigen sich im heutigen Morgenkommentar auch mit Europa, denn in den nächsten drei Wochen öffnet über die Hälfte der Stoxx-600-Unternehmen ihre Bücher. Analysten erwarten für das erste Quartal im Schnitt ein Gewinnwachstum von 5 Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal und sind damit pessimistischer als für die USA. Im Gesamtjahr rechnen die Märkte mit einem Gewinnplus von 8 Prozent. Damit spiegeln die Schätzungen die zuletzt schwächeren BIP-Prognosen und Stimmungsindikatoren in Europa wider. Davon unbeeindruckt zeigten sich vor allem die Sektoren Energie und Grundstoffe. Weil die Rohstoffpreise gestiegen sind, haben Analysten hier ihre Gewinnerwartungen seit Jahresbeginn um gut 7 bzw. 9 Prozentpunkte angehoben. 

Ich schlage vor, meine Freunde, die Gefahr eines US-Zinsschocks für den Rentenmarkt nicht zu vernachlässigen, aber erst einmal in den Hinterkopf zu verbannen. „Für die Aktien wird die Luft dünner“, ist ein beliebter Analystenspruch in historischen Höhen. Jo, aber es ist noch Luft da. 

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