onvista-Börsenfuchs: Wenn sich Bullen in Bären verwandeln

Der onvista-Börsenfuchs · Uhr

Hallo Leute! „Ein Start nach Maß, wie erhofft. Frisches Futter für die Börsen-Bullen.“ So begann ein bekannter Börsenbeobachter seine Kolumne am ersten Tag des neuen Jahres. Zu Recht. Aber ratzfatz sieht’s kurstechnisch total anders aus. Der Sentiment-Beobachter der Börse Frankfurt warnt in seinem jüngsten Wochenbericht: Die bullischen Positionen der Investoren von heute stellen eine erhebliche Gefahr für den heimischen Aktienmarkt dar, wenn diese auf dem Weg nach unten die Notbremse in Form von Stopp-Loss Verkäufen ziehen müssten. Tja, die aktuellen Dax-Charts sehen echt grauenhaft aus. Und am Ende des ersten Monats ist der deutsche Leitindex voll im kurzfristigen Abwärtsmodus.

Lange Gesichter bei den Profis. Die Hauptschuld trägt die Fed, schimpfen zahlreiche Volkswirte und Analysten, weil die Währungshüter in Ami-Land erst jetzt (= zu spät) die Zinswende signalisieren und in den kommenden Monaten mehr Schritte nach oben unternehmen müssen, als erwartet und den Märkten guttun. Natürlich verunsichert (wenn auch nicht mehr so intensiv) auch die Pandemie und seit neuestem die sich zuspitzende Ukraine-Krise. Und die fundamentalen Wirtschaftsnachrichten bleiben gemischt.

Die deutsche Wirtschaft hat zum Jahresende einen deutlichen Dämpfer erfahren. Angesichts der neuen Corona-Welle fiel das BIP geringer aus. Ökonomen rechnen im Auftaktquartal des neuen Jahres mit einem weiteren Rückschritt. Dagegen untermauern die jüngsten Zahlen zum Bruttoinlandsprodukt der Amis erneut die relative Stärke der dortigen Wirtschaft. Während hierzulande die Bruttowertschöpfung im vierten Quartal 2021 aller Voraussicht nach zurückgegangen sein dürfte, legte sie in USA nach einer ersten Schätzung um 6,9 Prozent gegenüber dem Vorjahr zu.

Hey, man könnte mit der Beschreibung der aktuellen Gemengelage (ein überstrapazierter Begriff von Journalisten) ein ganzes Magazin füllen. Mir gefällt unter anderem die kluge Zusammenfassung eines bekannten Fondsmanagers: Gleich der Wochenauftakt hat mit einem ordentlichen Rückgang klargemacht, dass wir in ein neues Regime eingetreten sind. Wir befinden uns jetzt in einem Zinserhöhungszyklus. Und die US-Notenbank hat dies am Mittwoch bestätigt. Voraussichtlich im März wird man damit beginnen, die Zinsen in einem ersten Schritt um 0,25% anzuheben. Damit findet ein großes Re-Pricing von Aktien statt. Der Faktor Zinsen ist eine der wichtigsten Determinanten zur Bewertung von Wertpapieren. Je mehr Zinsen es gibt, desto eher gibt es Alternativen zu Aktien und desto weniger sind Gewinne in der Zu7kunft heute wert. Nun gut, das klingt „bärisch“.

Gut nachvollziehen kann man trotz allem aber auch die gelassene Ansicht von langfristigen Bullen: Auch wenn die Liquiditätsflut (durch die Zentralbanken) bald etwas zurückgeht, bleibt Liquidität üppig vorhanden. Und das sollte bei einer soliden Konjunktur mittelfristig für Aktien sprechen - auch wenn es zwischenzeitlich zu „roten“ Tagen kommen dürfte. Eine Zentralbank, die sich in Richtung geldpolitischer Normalität entwickelt, setzt klare Signale, dass sie Konjunktur und Finanzmärkte für genügend stabil dafür hält. Das sind gute Signale.

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